Um den Output zu optimieren, durchforsteten bislang vor allem Spezialist*innen für IT, Maschinen, Prozesse und Effizienz die Fabrikshallen. Nun durchleuchten verstärkt auch Energieexpert*innen die Betriebe und scheuen auch nicht davor, das Gelände und die nähere Umgebung genau zu inspizieren. Denn auch dort stoßen sie auf verborgene Schätze. Das können etwa bislang ungenutzte Abwärmequellen, brachliegende riesige Dachflächen für Solarwärme und Sonnenstrom, nahegelegene Flüsse zur Stromerzeugung oder thermische Quellen tief in der Erde sein. Oder auch benachbarte Betriebe oder Siedlungen, an die sich Abwärme oder selbst produzierter Strom verkaufen lässt.
Besonders in Solarenergie und Photovoltaik wird jüngst kräftig investiert. Erst im Juni entstand etwa auf den Dächern der Laakirchen Papier AG eine der größten Photovoltaikanlagen Österreichs. Die Heinzel Gruppe ist hierzu seit einiger Zeit nicht nur im Papiergeschäft tätig, wobei hier stark auf Recyclingprodukte und Recycling gesetzt wird, sondern auch im Strombusiness. So hat das Unternehmen Heinzel Energy, das sich auf Erneuerbaren Energie spezialisiert hat und zur Heinzel EMACS Firmengruppe gehört, eine 13.000 Quadratmeter große PV-Anlage mit beinahe 8.000 Modulen auf die Dächer der Papierfabrik montiert, die eine Gesamtleistung von 2.600 kWp bieten. „Das ist eine der größten Auf-Dach-Photovoltaikanlagen des Landes“, so Christoph Heinzel, Geschäftsführer der Heinzel Energy, nicht ohne Stolz. Jährlich liefert sie rund 2,6 GWh Ökostrom, das entspricht dem elektrischen Bedarf von rund 600 Haushalten. Die neue Anlage spart jedes Jahr rund 700 Tonnen CO2 ein. Demnächst sollen auch bei der Schwesterfirma Zellstoff Pöls AG PV-Module die Dächer schmücken und viele weitere Produktionsbetriebe mit Photovoltaik ausgestattet werden. Denn mittlerweile rechnen sich solche Investitionen oft schon in wenigen Jahren.
New Energy for Industry
Um die Energiewende in der Industrie zu schaffen und die EU-Klimaziele zu erreichen, dienen nicht nur Instrumente wie die CO2-Zertifikate, sondern auch große Forschungsinitiativen. In Österreich dient hierzu besonders das Programm New Energy for Industry (NEFI), das im Rahmen der FTI-Initiative „Vorzeigeregion Energie“ des Klima- und Energiefonds läuft. Seit 2017 wurden hierfür rund 120 Millionen Euro in die ostösterreichische Testregion für das zukünftige Energiesystem (Green Energy Lab), in die Initiative New Energy for Industry (NEFI) sowie die Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas (WIVA P&G) investiert.
Letztes Jahr gab es auch noch eine Budgetaufstockung um weitere 24,5 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket für weitere zukunftsweisende Projekte. Die Idee dahinter ist, den Weg in die klimaneutrale Energieversorgung mit in Österreich entwickelter Technologie zu meistern und zu demonstrieren, wie die Dekarbonisierung in industriellen Prozessen funktionieren kann. NEFI wurde als einzigartiger Innovationsverbund zwischen Technologieanbietern, Industrie, Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit gegründet, hinter dem die industriestarken Bundesländer Oberösterreich und Steiermark stehen. Mit an Bord des Konsortiums sind das AIT Austrian Institute of Technology, die Montanuniversität Leoben, OÖ Energiesparverband, OÖ Standortagentur Business Upper Austria sowie rund 80 Unternehmen, 14 Forschungs- und sieben institutionelle Partner. Von der Lebensmittelindustrie, dem Maschinenbau bis zur Kunststoff-, Zement- und Stahlindustrie sind schon fast alle Branchen vertreten. Jeder, ob als innovatives KMU oder Konzern, ist willkommen, um am offenen Innovationsprozess teilzunehmen.
Vom Stahlwerk bis zur Energiegemeinschaft
So wird beispielsweise im Projekt „OxySteel“ die Energieeffizienz unter dem Einsatz von Sauerstoffverbrennung und „Carbon Capture and Utilization“-Technologien in der Stahlproduktion erhöht, im Projekt „Gmunden High Temperature Heat Link“, wird das Abwärme-Potenzial von rund 10 MWth bei 400° C des Zementwerkes Gmunden genutzt, und einem weiteren Projekt die Plattform für Industrial Microgrids, also Energiegemeinschaften im industriellen Umfeld, entwickelt.
„Hier sehen wir uns erstmals das Gelingen von Energiegemeinschaften im industriellen Umfeld an – und zwar beim koordinierten Tausch sowohl von elektrischer als auch thermischer Energie“, erklärt Gerald Steimaurer von der FH OÖ, der das Projekt koordiniert. Denn bislang war der Austausch von Energie über Unternehmensgrenzen stark eingeschränkt oder gar nicht möglich. Mit der Umsetzung des Clean Energy Packages der Europäischen Union ist es nun einfacher, Energiegemeinschaften zu gründen. Insbesondere in der Industrie müssen aber alle rechtlichen, ökonomischen und technischen Rahmenbedingungen geklärt sein. Und das Gemeinschaftsprojekt muss gut geplant und koordiniert werden, damit alle Beteiligten auch wirklich davon profitieren.