02/2024 Wirtschaft
© Infineon
Die Region Süd profitiert stark von den ­großen Investitionen in Zukunftstechnologien, wie etwa für die Entwicklung neuer Chips. Die Basis dafür sind neue Labors und Reinräume wie hier in Villach bei Infineon.
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Innovatives Österreich

Südösterreich: Unsere Serie führt Sie durch Österreichs Bundesländer: Wo wird intensiv an neuen Ideen, nachhaltigen Systemen und klimagerechten Lösungen gearbeitet? Wir stellen Ihnen innovative Produkte und Projekte vor.

von: Alfred Bankhamer

Der Wirtschafts- und Innovationsraum in Südösterreich sorgte in letzter Zeit insbesondere durch massive Investitionsvorhaben im Bereich Mikroelektronik für Aufsehen. Ein wichtiger Treiber war hierbei der europäische Chips Act. Für das neue „Silicon Europe“ wurden auch in Österreich zahlreiche großangelegte Forschungsprojekte, neue Labors und Produktionsstätten sowie fachspezifische Lehrgänge an den Universitäten und Fachhochschulen gestartet. Ein Höhepunkt war etwa ein rund 1.000 Quadratmeter großer Reinraum für die Spitzenforschungseinrichtung Silicon Austria Labs in Villach. Jüngst hat zudem ein Quantenforschungs-labor am Standort von Infineon eröffnet. Auch in neue Produktionsstätten wird weiterhin kräftig investiert, wie etwa bei AT&S in Leoben. Das Ziel all dieser Initiativen ist, Europa für den heißen globalen Technologiewettbewerb fit zu machen. Denn kaum ein Gerät kommt heuer mehr ohne Microchips aus. Die groß angelegte Auslagerung der Chipindustrie aus Europa rächt sich jetzt und hat eine starke Abhängigkeit bei Hightech-Produkten gebracht. Nun will man in Europa wieder einiges gut machen und zumindest beim nächsten Technologiesprung ins Quantenzeitalter vorne dabei sein.

Green Tech Valley

Doch neben den großen Themen Mikroelektronik und Digitalisierung sind die Steiermark und Kärnten auch stark in Sachen Nachhaltigkeit und Greentech unterwegs. Das belegt hier der ständige Zuwachs an innovativen Unternehmen, Start-ups sowie Forschungs- und Ausbildungsangeboten. So kann Österreich etwa mit GREENoneTEC den weltweit größten Hersteller von thermischen Solarkollektoren vorweisen. In diesem Umfeld entstand auch das Green Tech Valley, das heute Österreichs führender Cluster für nachhaltige Technologien im Bereich Erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft ist. Der Cluster vereint die Expertise von über 800 Unternehmer*innen. Hier versammeln sich auch 20 globale Technologieführer in unterschiedlichen Bereichen in einem Umkreis von nur einer Fahrstunde, die stark auf Nachhaltigkeit setzen. Zudem gibt es schon rund 60 grüne Start-ups sowie renommierte Forschungs- und Bildungsinstitutionen, die intensiv an innovativen Lösungen für den grünen Wandel arbeiten. In Summe umfasst der Cluster rund 25.000 im Bereich Umwelt- und Energietechnik Beschäftigte, deren Unternehmen rund 6,8 Milliarden Euro Umsatz erzielen. Die Exportquote beträgt rund 90 Prozent.

Innovationsregion

Die Steiermark galt lange als das innovativste Bundesland. Aber auch Kärnten konnte in den letzten Jahren stark aufholen – besonders dank zahlreicher innovativer Unternehmen und internationaler Größen, wie beispielsweise Infineon. Der Innovationsgeist lässt sich etwa auch an den hochkarätigen Forschungsprogrammen belegen: So sind in der Innovationsregion Süd 14 von insgesamt 18 der österreichischen COMET-Kompetenzzentren aktiv.

Kreislaufwirtschaft

Ein weiteres Highlight für den Forschungsstandort war jüngst die Einweihung des Digital Waste Research Lab an der Montanuniversität Leoben. Diese bislang weltweit einzigartige Forschungseinrichtung beschäftigt sich mit dem wichtigen Zukunftsthema rund um die Circular Economy. Mit an Bord sind Industriegrößen wie Siemens, Andritz, Borealis, Komptech, Redwave und Saubermacher. Das gemeinsame Ziel ist, recyclingorientierte Kreislaufwirtschaftspraktiken zu entwickeln. Im Zentrum stehen dabei partikel-, sensor- und datenbasierte Abfall- und Recyclingtechnologien sowie die Digitalisierung von Abfallverarbeitungsprozessen.

In Leoben hat AT&S kürzlich eine innovative Kupferrecyclinganlage in Betrieb genommen, die bis zu 1.000 kg Kupfer pro Tag rückgewinnen soll. Und auch international, u.a. in Indien und Malaysien, wird auf Wasserrecycling und grüne Energie gesetzt. „AT&S hat den Anspruch, nicht nur technologisch, sondern auch im Bereich nachhaltige Ressourcennutzung an der Weltspitze mitzumischen“, sagt AT&S-CTO Peter Griehsnig.

In Kärnten wiederum investiert die Treibacher Industrie AG, ein führendes Unternehmen in der metallurgischen und chemischen Industrie, knapp 120 Millionen Euro in eine neue Recyclinganlage, die auf Kreislaufwirtschaft setzt. Durch Verstromung der Prozessabwärme soll bei Treibacher bis zu 15 Prozent des Strombedarfs abgedeckt werden. Und Breitenfeld Edelstahl und Saubermacher arbeiten gemeinsam an Lösungen für die Kreislaufwirtschaft in der Stahlindustrie.

Wasserstoff

Stolz ist das Greentech-Valley auch auf das neue Hydrogen-Valley. Hier arbeiten aktuell rund 60 Prozent der bundesweiten universitären und außeruniversitären Forscher*innen an grünem Wasserstoff in der Steiermark, darunter etwa Forschungseinrichtungen am Campus der TU Graz HyCentA, BEST oder das LEC, das seit über 20 Jahren besteht und international anerkannte F&E im Bereich grüner Großmotoren und E-Fuels leistet.,

F&E für die grüne Transformation

In einer Zeit, in der geopolitisch die Karten am Weltmarkt gerade in Bezug auf grüne Transformation neu gemischt werden, kann Forschung und Entwicklung im Nachhaltigkeitsbereich, insbesondere wenn es um neue Energieformen und Innovationen im Bereich der Kreislaufwirtschaft geht, nicht hoch genug bewertet werden“, betont Bernhard Puttinger, Geschäftsführer des Green Tech Cluster. Einen Beitrag soll etwa das neue Reallabor WEIZplus in Wollsdorf leisten. Unter der Führung der AEE INTEC wurde hier gemeinsam mit einer Vielzahl engagierter Partner ein wegweisender Schritt in Richtung eines Net-Zero-Industry-Valleys gesetzt. Im Leitprojekt „Fossil free 4 Industry“ kommen fünf großtechnische Modelllösungen zum Einsatz, um die Machbarkeit und Effizienz des Ersatzes von fossilem Gas in Indus-triebetrieben zu demonstrieren. Dabei stellen die Unternehmen nicht nur auf 100 Prozent erneuerbare Energie um, sondern innovieren und produzieren auch grüne Technologien für den globalen Markt.

Ein besonders innovativer Campus

Sehr wichtig für den Innovationsstandort sind die Universitäten und Forschungseinrichtungen. Insbesondere Graz spielt hier mit der TU Graz und dem Campus Inffeldgasse eine wichtige Rolle. „Der Süden Österreichs ist eine herausragende Innovations-Drehscheibe und die TU Graz ist dabei eine wichtige Taktgeberin. Zum einen übernehmen wir die Themenführerschaft bei zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie etwa der digitalen und grünen Transformation, zum anderen trägt die TU Graz Verantwortung für den Transfer dieses Wissens in Wirtschaft und Gesellschaft. Am Campus Inffeldgasse schaffen wir Raum für die Ansiedlung sowohl von Start-ups als auch Unternehmen und intensivieren Wirtschaftskooperationen sowie Wissenstransfer durch gemeinsame Forschungsinfrastruktur oder zukunftsweisende Weiterbildungsformate“, betont Horst Bischof, Rektor der TU Graz. Neben dem schon beschriebenen LEC wurde im April 2023 etwa das Research Center ENERGETIC gestartet, das sich mit allen Aspekten für eine nachhaltige Dekarbonisierung unserer Energiesysteme beschäftigt. Geleitet wird das Research Center ENERGETIC und das Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation von Prof. Sonja Wogrin, die zugleich eine der jüngsten ERC-Grantees ist. Weitere renommierte COMET--Zentren am Campus sind das Know Center, das Virtual Vehicle oder HyCentA, die mit Unternehmen wie AT&S, AVL, NXP sowie zahlreichen Start-ups zusammenarbeiten.

Kürzlich hat auch Silicon Austria Labs (SAL), Österreichs junges sowie schon sehr renommiertes Spitzenforschungszentrum für Elektronik- und Softwarebasierte Systeme (ESBS), sein Headquarter am Campus der TU Graz eröffnet. Aber auch im Bereich AI und Machine Learning kann die TU Graz internationale Erfolge vorweisen. So ist das erst 2022 gegründete Graz Center for Machine Learning (GraML) nun Teil des auf KI-Forschung spezialisierten „European Laboratory for Learning and Intelligent Systems“ (ELLIS), das Forschungseinrichtungen in ganz Europa vernetzt.

Biotech-Standort Graz

Graz bietet zudem renommierte Ins-titute im Bereich Biotech an der Uni Graz, Meduni Graz und auch bei Joanneum Research. Ein wichtiger Player ist besonders das COMET-K2-Forschungszentrum acib (Austrian Centre of Industrial Biotechnology). So arbeitet das acib gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien und dem amerikanischen Biotechunternehmen Tonix Pharmaceuticals an einem neuen Verfahren zur Herstellung von Antikörpern in Pflanzen, das schneller, kostengünstiger und nachhaltiger sein soll als aktuelle Produktionswege. Sie könnten künftig in der Medizin für Impfstoffe und Medikamente gegen Corona und weitere Viruserkrankungen eingesetzt werden.

Forschungsturbo für Kärnten

In Kärnten befinden sich die großen Innovationszentren in Villach sowie im Lakeside Science & Technology Park in Klagenfurt, der – erst 2005 gegründet – heute 74 innovative Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit rund 1.800 Mitarbeiter*innen beheimatet. Nach mehreren Erweiterungsstufen wurde im Dezember 2023 ein kooperatives Planungsverfahren für das künftige Wachstum gestartet, um der großen Nachfrage gerecht zu werden. Spannend dürfte auch die KWF-Förderungsbilanz 2023 werden, die leider erst nach Redaktionsschluss veröffentlicht wird. In diesem Jahr hat der KWF allein 15 neue Förderprodukte entwickelt, um den Forschungsstandort Kärnten zu stärken.

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