Veränderung, Change, Trans- formation – welchen Weg wir auch nehmen, eines steht fest: Die Welt hat unheimlich an Fahrt aufgenommen. Neues hat es immer schon gegeben und es war immer schon schwierig, damit umzugehen und den eigenen Blick auf das Geschehen entsprechend auszurichten. Man denke nur an die ersten Eisenbahnen, die das Zeitalter der Mobilität in hohem Maße miteinläuteten. Schädlich sei es für den Menschen, seinen Aufenthaltsort so rasch zu verändern, ließen Skeptiker in ihrem Unmut „Dampf“ ab.
Tempo ist heute das Stichwort, das unser Leben, insbesondere aber den Bereich von Technologie, Innovation, Forschung, bestimmt. Zugleich ist unsere Welt vernetzt wie nie zuvor. In alten Mustern zu denken, kann und wird uns also nicht weiterbringen, zu vielschichtig und komplex sind mittlerweile Frage- stellungen, Inhalte, Abläufe, soziale Strukturen ... Fakten, mit denen es umzugehen gilt, will man nicht auf der Strecke bleiben.
Insbesondere die Universitäten, traditionell Horte des Wissens, aber auch des Hinterfragens, des sich Orientierens und Gestaltens, haben eine tragende Rolle, ja eine wesentliche Verantwortung in dieser Zeit der Transformation. Univ.-Prof.in Dr.in Viktoria Weber, Vizerektorin für Forschung und nachhaltige Entwicklung an der Universität für Weiterbildung Krems (Donau-Uni- versität Krems) zeigt im Gespräch mit Austria Innovativ die neuen Anforderungen ans Lehren, Lernen und Forschen auf.
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Was sind die aktuellen Heraus- forderungen für den universitären Bildungsbereich? Worin liegen die Veränderungen, insbeson- dere im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit?
Univ.-Prof. Dr. Weber: Wir leben in einer Welt, die sich ungemein rasch wandelt. Selbst wenn wir nur auf den Zeitraum weniger Jahre zurückblicken, sehen wir ge- waltige Umwälzungen, die die Welt um uns und unsere Gesellschaft grundlegend verändert haben und verändern – neue Technologien, andere Lebenskonzepte, eine flexiblere Arbeitswelt. Dies alles bietet neue Möglichkeiten und stellt gleichzeitig den Bildungsbereich vor große Herausforderungen. Die Bewältigung aktueller und künftiger gesellschaftlicher Herausforderungen erfordert die Fähigkeit, mit den komplexen Fragestellungen unserer hochgradig vernetzten Welt umzugehen und uns bestmöglich auf neue Bedingungen und Entwicklungen vorzubereiten, die wir heute zum Teil noch gar nicht erkennen können. Vor diesem Hintergrund sind Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen unverzichtbarer Teil des Erwachsenen- und Erwerbslebens.
Wie sind die Weichen hinsichtlich Bildung und Weiterbildung heute zu stellen, um in Zukunft als Einzelperson, als Unternehmen und als Forschungs- und Wirtschaftsstand- ort Österreich erfolgreich zu sein?
Im Jahr 2021 haben die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten das Ziel vorgegeben, bis 2030 mindestens 60 Prozent aller Erwachsenen jährlich die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme zu ermöglichen. Es geht also darum, für Menschen in verschiedenen Lebensphasen einen adäquaten Zugang zu flexiblen, modularen und indivi- dualisierten Weiterbildungsangeboten zu gewährleisten. Dies stärkt die Rolle der Universitäten bei der Verwirklichung des lebensbegleitenden Lernens und ermöglicht es ihnen, sich für ein vielfältiges Spektrum von Lernenden zu öffnen.
Mit der Agenda 2030 haben sich alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verpflichtet, zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) beizutragen. SDG 4 zielt darauf ab, für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sicherzustellen sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen zu fördern. Gerade angesichts massiver technologischer Veränderungen und der digitalen Transformation trägt Weiterbildung zur Sicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Gesellschaft bei. Sie ist relevant im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse im Zusammenhang mit Migration oder dem demographischen Wandel, und nicht zuletzt unterstützt lebensbegleitendes Lernen Individuen bei ihrer persönlichen Weiterentwicklung und trägt auf diesem Weg zum gesellschaftlichen Zusammenhalt ebenso bei wie zu Innovation und wirtschaftlichem Erfolg.
Mitarbeitende werden mittlerweile immer stärker als Schlüsselfaktoren für den Unternehmens- erfolg gesehen. Inwiefern und auf welche Art und Weise können Universitäten dazu beitragen, dass Mitarbeiter:innen diese Rolle tatsächlich ausfüllen?
Universitäten generieren durch ihre Forschung neues Wissen und neue Methoden. Sie arbeiten faktenbasiert und qualitätsgesichert und sind daher geradezu prädestiniert, die Er- kenntnisse aus ihrer Forschung für die Qualifizierung der Gesellschaft bereitzustellen. Gleichzeitig gewinnt angesichts von Transitionsprozessen der Erwerb neuer Kompetenzen an Bedeutung – dazu zählen vernetztes Denken, Lösungsorientierung sowie die Fähigkeit, sich auf rasch wechselnde Rahmenbedingungen einzu- stellen. Wissen und Kompetenzen zu vermitteln – das ist der Beitrag, den Universitäten leisten können.