Der FH-Entwicklungs- und Finanzierungsplan ist das wichtigste strategische Planungsdokument des Bundes für die Fachhochschulen und liegt nun für die Jahre 2023 bis 2026 vor. Im Vorfeld der Entstehung des Planes gab es von Seiten der Fachhochschulen aber auch von anderen öffentlichen Einrichtungen wie Kammern, Rat für Forschung und Technologieentwicklung, ÖH und Politik massive Kritik am Inhalt und an der fehlenden Einbindung der Betroffenen bei diesem wichtigen Vorhaben. Beim nun vorliegenden Plan wurden zwar ein paar Spitzen entschärft, aber das Ergebnis hätte doch vielversprechender sein können, wenn der Forderung nach einem „runden Tisch“ mit allen Beteiligten und Betroffenen nachgekommen worden wäre. Es wirkt wie ein Rätsel, dass sich die öffentliche Hand beim Dialog so schwertut, aber beim Verteidigen von Fehlern sehr viel mehr Energie aufzubringen bereit ist. So sieht der nun vorliegende Plan zwar einerseits einen Ausbau von Studienplätzen vor, was angesichts des akuten Fachkräftemangels auch ein notwendiger und wichtiger Schritt ist. Andererseits enthält der Plan aber keine andere Idee, außer den Ruf nach mehr Studienplätzen in Digitalisierung und Nachhaltigkeit, was schlussendlich wieder nur dem ewigen Ruf nach MINT-Studienplätzen gleichkommt. Derweilen leidet das gesamte Wirtschaftssystem an einem eklatanten Expert:innenmangel. Das gilt auch in hohem Masse für die Gesundheits- und Sozialberufe. Aber hier scheint das Wissenschaftsministerium ganz besonders mit einem blinden Fleck behaftet zu sein. So kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Ministerium mit dem vorliegenden Plan eine bloße Agenda abzuarbeiten versucht, nämlich die Erfüllung der FTI-Strategie, ohne Bezugnahme auf die Fachhochschulen und ihre Wirkungsfelder, also ohne nachzufragen, was bräuchte es aus deren Expert:innensicht. Ein neues Element, das der Plan aufweist, sind Sondermittel in Höhe von 14 Mio. Euro pro Jahr für die Förderung von Durchlässigkeit und zur Vertiefung von Kooperationen der Fachhochschulen. Diese Sondermittel sind grundsätzlich positiv. Wichtig ist nun, dass das BMBWF rasch die Fachhochschulen einbindet, um konkrete Bedarfe abzufragen und mit der Umsetzung beginnen zu können.
In wesentlichen Punkten besteht zwischen dem BMBWF und den Fachhochschulen aber weiterhin Dissens. Dies betrifft im Wesentlichen die Ausfinanzierung der Studienplätze, die der Höhe nach deutlich zu gering ausfällt und zu spät kommt. Nach einer bereits erfolgten Erhöhung zum 1.01.23 um 10 % zur Bewältigung der Inflation, sollen die Fördersätze am 1.10.24 nochmals um 4,5 % angehoben werden. Allein im Jänner und Februar 2023 betrug die durchschnittliche Inflation 11 % und die Jahresinflation wird auf deutlich über 7,5 % geschätzt. Die Fachhochschulen fordern inflationsbedingt eine Erhöhung der studienplatzbezogenen Fördersätze um mindestens 10 % ab 1.1.2024 und um weitere 10 % ab 1.1.2025. Dabei handelt es sich nicht um eine Forderung, die der Innovation und Stärkung des FH-Sektors dienen soll, sondern dringend benötigt wird, um die gewohnte Qualität zu halten. Es wurden die Fördersätze über die Jahre hinweg nicht valorisiert und ein Wertverlust in Kauf genommen. Das rächt sich jetzt bei hoher Inflation, denn über die 30 Jahre des Bestehens der Fachhochschulen gerechnet, sind es rund 40 %, die fehlen. Ein weiterer Ausbau wird daher nur möglich sein, wenn auch die Förderhöhe stimmt. Ein Durchschwindeln wird kaum möglich sein.
Dann gibt es noch die Dauerbaustelle der Zuständigkeit für Forschung und Entwicklung. Lehre und Forschung sind in einer Hochschule eine untrennbare Einheit und bedingen einander. Eine künstlich herbeigeführte Aufgaben- bzw. Finanzierungstrennung ist nicht vorgesehen und es ist auch nicht zulässig, dass das für Hochschulen zuständige österreichische Forschungsministerium versucht, sich aus seiner Finanzierungsverantwortung zu stehlen. Daher verlangen die Fachhochschulen einen Finanzierungspfad für die angewandte Forschung. Die im vorliegenden Entwicklungs- und Finanzierungsplan aufgestellte Behauptung, dass die Finanzierung der Forschung an Fachhochschulen grundsätzlich dem Erhalter obliege, wird von den Fachhochschulen entschieden zurückgewiesen. Man darf gespannt sein, wann sich die ersten Fachhochschulträger zur Wehr setzen.
Hierzulande wäre man gut beraten, zukunftsweisende Strukturen zu entwickeln, um die angewandte F&E dem Wissens- und Wirtschaftsstandort verfügbar zu machen. Ein Blick über die Grenzen zeigt, wie es geht. In anderen europäischen Ländern wurde die volkswirtschaftliche Bedeutung der anwendungsorientierten Forschung an Fachhochschulen von der Politik erkannt und in den Strategien verankert. Neben nachhaltigen Fördermodellen für FH-Forschung (z. B. die High Tech Agenda in Bayern, der Hessische Hochschulpakt, die Taskforce for applied research SIA in den Niederlanden u. v. m.) bestehen in anderen europäischen Ländern auch eigenständige Promotionsmöglichkeiten als strategische Entwicklungsperspektive zur Höherqualifizierung des Forschungs- und Lehrpersonals. Entwicklungen in unserem unmittelbaren Nachbarland Deutschland zeigen es auf. Hier ist man bereits in der Umsetzung eines eigenständigen Doktoratsrechts für Fachhochschulen.
Österreich muss jetzt dringend nachziehen, denn die fehlenden finanziellen und strukturellen Möglichkeiten der Fachhochschulen auf nationaler Ebene stellen einen eklatanten Nachteil in der Einwerbung von internationalen Kooperationen und Fördermitteln dar. Wieder einmal scheint es, dass bei uns die Uhren anders ticken, weil wir uns mit Veränderungen so schwertun. Waren die österreichischen Fachhochschulen einst Vorreiter in Europa, besteht jetzt die Gefahr, zum Schlusslicht zu werden. Es gilt umgehend die richtigen Weichen zu stellen, denn Österreich sollte nicht am Bahnhof stehen bleiben, während der Zug in Richtung Zukunft abfährt.