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Grüne Chips

© Fotos: AT&S, Infineon
AT&S baut sein Werk mit einem F&E-Center kräftig aus.
© Fotos: AT&S, Infineon

Der Süden Österreichs macht seinem Namen Silicon South alle Ehre. Die Chip-Industrie baut kräftig aus. Stark in der Forschung sind aber auch die Bereiche Greentech, Biotech, nachhaltige Mobiltiät und Quantencomputing. Austria Innovativ zeigt aktuelle Highlights.

von: Alfred Bankhamer

Themen wie die Importabhängigkeit in vielen Branchen, sichere Lieferketten sowie eine resiliente, möglichst lokale Produktion wurden durch die jüngsten weltpolitischen Krisen wie dem Krieg in der Ukraine oder den Konflikten mit China wieder angeheizt. Neben der Energieabhängigkeit steht besonders auch die Mikroelektronik im Fokus. Denn ohne sie würde heute fast gar nichts mehr laufen. Im Süden Österreichs haben einige der wenigen übriggebliebenen Produktionsstätten für Mikrochips in Europa nach den massiven Produktionsauslagerungen nach Asien überlebt. Und globale Größen wie Infineon oder AT&S bauen nun massiv aus, ganz im Sinne des European Chip Act. Eine weitere Größe, NXP Austria, forscht besonders im Bereich kontaktloser Systeme, IoT und Security by Design, und die neue ams Osram Group mit Hauptsitz in Premstätten/Graz und in München (Standort der ehemaligen Osram) ist nun ein Konzern mit 22.000 Mitarbeiter*innen und 4,8 Mrd. Euro Umsatz, der sich auf die Bereiche Sensorik, Beleuchtung und Visualisierung konzentriert. Der Name Silicon South passt also besser denn je für die Region rund um Kärnten und der Steiermark. Für großes Aufsehen hatte etwa im Herbst 2021 die neue Chipfabrik von Infineon in Villach gesorgt, in der hocheffiziente Leistungselektronikbauteile mittels 300-Millimeter-Dünnwafer-Technologie produziert werden. Rund 1,6 Mrd. Euro wurden investiert und zugleich ein neues Forschungszentrum mit Forschungslabors eingerichtet. Ein besonderes Highlight ist  das neue Quanten-Testlabor am Standort Villach, das vor einem Jahr feierlich im Beisein von Infineon-Chefin Sabine Herlitschka, Joanneum Research-Geschäftsführer Heinz Mayer, FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth und Thomas Monz, Senior Researcher der Universität Innsbruck,  eröffnet wurde (siehe Foto rechts). Hier können nun industriell gefertigte Quantenchips in kurzen Zyklen getestet werden, was Forschung und Entwicklung deutlich beschleunigen. Das Ziel ist, gemeinsam die Entwicklung von marktfähigen Quantencomputern weiter voranzutreiben. Quantencomputer werden als eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts gesehen. Weltweit fließen längst hohe Milliardenbeträge in diese bahnbrechende Zukunftstechnologie.

Quantenforschung
Europa und auch das kleine Österreich sind, dank dem herausragenden Know-how der Universitäten in Wien und in Innsbruck und Forschergrößen wie Anton Zeilinger und vielen mehr, bei der Forschung vorne dabei. Gemeinsam wird etwa im Projekt „OptoQuant“ an ionenbasierten Quantenprozessoren mit integrierter Optik geforscht, um damit marktfähige Quantencomputer zu realisieren. „Mit den gemeinsamen Quantenaktivitäten nutzen wir die große Chance, aus Österreich und Europa heraus in diesem globalen Zukunftsfeld an wegweisenden Entwicklungen möglichst eine Vorreiterrolle zu erarbeiten“, verkündete Infineon-Chefin Herlitschka bei der Lab-Eröffnung. Mittlerweile hat sich schon wieder einiges weiterentwickelt.

„Unser ambitioniertes Ziel ist es, den ersten sinnvollen Quantencomputer der Welt zu installieren und zu betreiben – auf Basis von Ionenfallen und in Europa“, meinte etwa Richard Kuncic, Leiter der Business Line DCDC von Infineon, Ende 2022 in einem Bericht auf elektroniknet.de. Konkret wird an einem Ionenfallen-Rechner gearbeitet. Dieser Prozessor hat einige Vorteile gegenüber supraleitenden Systemen wie etwa einen deutlich geringeren Kühlaufwand. In Villach wird nun intensiv an diesem vielversprechenden Ansatz für einen Quantencomputer geforscht. Das Team hat große Pläne. Denn wenn alles klappt, sollen schon in fünf Jahren die ersten integrierten Quantum Processor Units vom Band laufen. Dazu wurde mit Oxford Ionics, einem führenden Quantencomputerhersteller, eine Kooperation eingegangen. Infineon liefert die neue Ionenfalle und Oxford Ionics die eigene elektronische Qubit-Steuerung.

Effizientere Chips
Intensiv wird bei Infineon Österreich ebenfalls an neuen Energiesparchips aus Galliumnitrid geforscht, die weit effizienter als ihre Siliziumverwandten sind und beispielsweise beim kabellosen Laden von Elektroautos, der Einspeisung erneuerbarer Energien ins Stromnetz und beim Rollout des 5G-Mobilfunknetzes Einsatz finden sollen. Dazu wurde jüngst das EU-Forschungsprojekt „UltimateGaN“ mit zahlreichen Partnern erfolgreich abgeschlossen. Im Mai startet nun das neue EU-Projekt „All2GaN“. Hier sollen mit einer intelligenten GaN-Systemintegrations-Toolbox weitere Anwendungen erschlossen werden. 
Seit Februar 2023 läuft ein weiteres spannendes EU-Forschungsprojekt: Listen2Future. Unter Leitung von Infineon Austria entwickeln hier 27 Projektpartner aus sieben Ländern neue, sehr kleine Mikrofon- und Ultraschallsensoren, die besonders für Untersuchungen in der Industrie und Medizin gedacht sind. 

Heißes Pflaster
Schon auf den Markt haben es zwei Erfindungen des steirischen Start-ups SteadySense geschafft, das mittlerweile 20 Mitarbeiter*innen beschäftigt. Der jüngste Wurf ist das smarte Pflaster Steadytemp, das bis zu sieben Tage kontinuierlich die Körpertemperatur messen kann. In diesem kleinen Pflaster, das seine Messdaten an ein Smartphone schickt, stecken einige Innovationsleistungen aus der Steiermark. So wurde der Basischip von Infineon im Entwicklungszen-trum in Graz entwickelt. Die Sensorelektronik stammt wiederum von AT&S aus Leoben. Das Team von SteadySense hat schon vor rund drei Jahren mit dem Zykluspflaster femSense einen Ovulation-Tracker auf den US-Markt gebracht und für entsprechendes Aufsehen gesorgt. „Wir unternehmen derzeit die letzten Schritte, um auch für unser Steadytemp-Produkt die FDA-Zulassung zu erlangen. Dies eröffnet einen riesigen Markt, für den wir einen flexiblen und zuverlässigen Partner wie AT&S benötigen, um auf die schwankende Nachfrage schnell reagieren zu können“, so Peter Gasteiner, Mitgründer und COO von SteadySense.
 

Ausbau in Leoben
Für großes Aufsehen sorgte in der Steiermark im März 2022 der Baubeginn des neuen AT&S-Forschungszentrums in Leoben. Bis 2025 fließen rund 500 Millionen Euro in den Standort. Und da bekanntlich ein großer Fachkräftemangel herrscht, hat die Suche für rund 700 neue Arbeitskräfte schon längst begonnen. Noch kräftiger hat AT&S im Ausland investiert. So entsteht eine neue High-End Produktionsstätte für IC-Substrate in Kulim, Malaysia. Die Geschäfte liefen bei AT&S, ein weltweit führender Hersteller von hochwertigen Leiterplatten und IC-Substraten mit Hauptsitz in Leoben und rund 15.000 Mitarbeiter*innen, im letzten Geschäftsjahr sehr gut. So konnte der Umsatz im 1. Halbjahr 2022/23 gar um 53 Prozent auf 1.070 Mio. Euro gesteigert werden.

Im neuen Hightech-Zentrum für Forschung und Entwicklung  in Leoben sollen nicht nur IC-Substrate entwickelt und in Kleinserie für einige der wichtigsten Hersteller für Halbleiter im Bereich High Performance Computing gefertigt werden, sondern es werden auch die Forschungskooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen wie etwa Silicon Austria Labs vertieft. „AT&S leistet einen wesentlichen Beitrag zum European Chips Act. Wichtig ist, dass die Regierungen im Rahmen von „IPCEI Mikroelektronik 2“ neben der Forschung auch Technologiestandorte fördern“, betont AT&S-CEO Andreas Gerstenmayer. 
Verstärkt setzt AT&S auch auf die Bereiche Sensorik und 5G. Dazu wurden im Jänner 2023 auf der Elektronikfachmesse CES in Las Vegas Sensoren und Kommunikationsinfrastruktur vorgestellt, die autonom agierenden Fahrzeugen einen sicheren Weitblick ermöglichen. Die speziellen Leiterplatten von AT&S eignen sich für die Herstellung spezieller Hochfrequenz-Radarsensoren, die zugleich als integraler Bestandteil des intelligenten Verkehrsnetzes etwa auch mit Smartphones in den Taschen von Fußgängern und Radfahrern kommunizieren sollen. An solchen V2X-Systemen (Vehicle-to-Everything), die autonome Mobilität sicher machen, wird weltweit intensiv gearbeitet.

Profitieren vom EU Chips Act
Die Region Silicon South mit wichtigen globalen Playern wie AT&S, ams Osram, Infineon Austria oder NXP Austria nimmt in Europa eine wichtige Rolle in der Mikroelektronik ein. Das zeigte sich etwa auf der europäischen Branchenmesse EBSCON 2022 in Graz, die sich diesmal besonders den Themen Nachhaltigkeit und Souveränität gewidmet hat. Die nächste EBSCON 2023 findet am 11. Oktober 2023 in Graz statt. Der EU Chips Act und die großen EU-Forschungs- und Entwicklungsprogramme spielen für die weitere Entwicklung eine wichtige Rolle. Für die Länder Steiermark und Kärnten haben Digitalsierung und Mikroelektronik eine entsprechend hohe Priorität. 
Als Netzwerk für die Branche dient der Silicon Alps Cluster, der sich im Vorjahr neu aufgestellt hat. Aktuell zählt er knapp 150 Partner aus Wirtschaft und Forschung. Besonders die technologischen Stärkefelder (Areas of Excellence) Smart Sensor Systems, Power Electronics, Cyber Security Systems und RFID & Wireless IoT sollen nun ausgebaut werden. „Ohne die grüne und die digitale Transformation werden wir die Herausforderungen unserer Zeit nicht bewältigen können“, so Robert Gferer, Geschäftsführer des Clusters, „die Grundlage und Möglichmacher für die dafür notwendigen Lösungen und Technologien sind die Software, die Elektronik und die Electronic Based Systems.“ 
Ein besonderes Augenmerk wird aktuell dem Exzellenzbereich „Smart Sensor Systems“ geschenkt, der allein rund 40 Partner umfasst. Die Sensorik ist zudem für alle Branchen wichtig.

Stark in der Forschung

Im innovativen Süden wird im Bundesländervergleich besonders viel geforscht. Das zeigt auch die Förderstatistik der FFG. Von den 912 Mio. Euro Fördervolumen für angewandte Forschung gingen 207 Mio. Euro in die Steiermark und 76 Mio. Euro nach Kärnten. Damit belegt die Steiermark knapp nach Wien den Platz 2 und das kleine Kärnten den Platz 5 in der Förderstatistik.

Kärntens Wirtschaft konnte zudem 2022 das stärkste Wachstum aller Bundesländer aufweisen – vor allem auch dank intensiver F&E-Aktivitäten. 

Der KWF Kärntner Wirtschaftsförderungs Fonds hatte 2022 849 Förderungsfälle abwickelt, was rund 15 Prozent mehr als in der Vergleichsperiode 2018-2021 war. Das Förderungsvolumen betrug 36 Mio. Euro, die geförderten Unternehmen investierten in Summe 306 Mio. Euro. Der Großteil kam KMU zugute. „Die erfreuliche Entwicklung im Technologiebereich spiegelt sich auch in der F&E-Quote Kärntens wider“, so die Kärntner Technologie- und Wirtschaftsförderungsreferentin LHStv. Gaby Schaunig. Diese lag laut den letzten Daten der Statistik Aus-tria (Stand 2019!) mit 3,23 Prozent über dem Bundesdurchschnitt und gab Kärnten den Platz 4 im Bundesländerranking. Die Steiermark führte klar mit 5,14 Prozent.


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