Themen wie die Importabhängigkeit in vielen Branchen, sichere Lieferketten sowie eine resiliente, möglichst lokale Produktion wurden durch die jüngsten weltpolitischen Krisen wie dem Krieg in der Ukraine oder den Konflikten mit China wieder angeheizt. Neben der Energieabhängigkeit steht besonders auch die Mikroelektronik im Fokus. Denn ohne sie würde heute fast gar nichts mehr laufen. Im Süden Österreichs haben einige der wenigen übriggebliebenen Produktionsstätten für Mikrochips in Europa nach den massiven Produktionsauslagerungen nach Asien überlebt. Und globale Größen wie Infineon oder AT&S bauen nun massiv aus, ganz im Sinne des European Chip Act. Eine weitere Größe, NXP Austria, forscht besonders im Bereich kontaktloser Systeme, IoT und Security by Design, und die neue ams Osram Group mit Hauptsitz in Premstätten/Graz und in München (Standort der ehemaligen Osram) ist nun ein Konzern mit 22.000 Mitarbeiter*innen und 4,8 Mrd. Euro Umsatz, der sich auf die Bereiche Sensorik, Beleuchtung und Visualisierung konzentriert. Der Name Silicon South passt also besser denn je für die Region rund um Kärnten und der Steiermark. Für großes Aufsehen hatte etwa im Herbst 2021 die neue Chipfabrik von Infineon in Villach gesorgt, in der hocheffiziente Leistungselektronikbauteile mittels 300-Millimeter-Dünnwafer-Technologie produziert werden. Rund 1,6 Mrd. Euro wurden investiert und zugleich ein neues Forschungszentrum mit Forschungslabors eingerichtet. Ein besonderes Highlight ist das neue Quanten-Testlabor am Standort Villach, das vor einem Jahr feierlich im Beisein von Infineon-Chefin Sabine Herlitschka, Joanneum Research-Geschäftsführer Heinz Mayer, FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth und Thomas Monz, Senior Researcher der Universität Innsbruck, eröffnet wurde (siehe Foto rechts). Hier können nun industriell gefertigte Quantenchips in kurzen Zyklen getestet werden, was Forschung und Entwicklung deutlich beschleunigen. Das Ziel ist, gemeinsam die Entwicklung von marktfähigen Quantencomputern weiter voranzutreiben. Quantencomputer werden als eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts gesehen. Weltweit fließen längst hohe Milliardenbeträge in diese bahnbrechende Zukunftstechnologie.
Quantenforschung
Europa und auch das kleine Österreich sind, dank dem herausragenden Know-how der Universitäten in Wien und in Innsbruck und Forschergrößen wie Anton Zeilinger und vielen mehr, bei der Forschung vorne dabei. Gemeinsam wird etwa im Projekt „OptoQuant“ an ionenbasierten Quantenprozessoren mit integrierter Optik geforscht, um damit marktfähige Quantencomputer zu realisieren. „Mit den gemeinsamen Quantenaktivitäten nutzen wir die große Chance, aus Österreich und Europa heraus in diesem globalen Zukunftsfeld an wegweisenden Entwicklungen möglichst eine Vorreiterrolle zu erarbeiten“, verkündete Infineon-Chefin Herlitschka bei der Lab-Eröffnung. Mittlerweile hat sich schon wieder einiges weiterentwickelt.
„Unser ambitioniertes Ziel ist es, den ersten sinnvollen Quantencomputer der Welt zu installieren und zu betreiben – auf Basis von Ionenfallen und in Europa“, meinte etwa Richard Kuncic, Leiter der Business Line DCDC von Infineon, Ende 2022 in einem Bericht auf elektroniknet.de. Konkret wird an einem Ionenfallen-Rechner gearbeitet. Dieser Prozessor hat einige Vorteile gegenüber supraleitenden Systemen wie etwa einen deutlich geringeren Kühlaufwand. In Villach wird nun intensiv an diesem vielversprechenden Ansatz für einen Quantencomputer geforscht. Das Team hat große Pläne. Denn wenn alles klappt, sollen schon in fünf Jahren die ersten integrierten Quantum Processor Units vom Band laufen. Dazu wurde mit Oxford Ionics, einem führenden Quantencomputerhersteller, eine Kooperation eingegangen. Infineon liefert die neue Ionenfalle und Oxford Ionics die eigene elektronische Qubit-Steuerung.