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Barbara Weitgruber, 1964 in Graz geboren, leitet seit 2010 die Sektion „Wissenschaftliche Forschung und Internationale Angelegenheiten“ im BMBWF. Christof Gattringer, 1966 in Wien geboren, ist Teilchenphysiker und war Professor und Vizerektor an der Universität Graz. Im Februar 2021 wurde er zum FWF-Präsidenten gewählt.
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"Wir müssen darüber reden"

Wie lässt sich das in Österreich vergleichsweise niedrige Wissenschaftsvertrauen nachhaltig stärken und welche Rolle spielt die Wissenschaftskommunikation dabei? Darüber sprechen Christof Gattringer, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, und Barbara Weitgruber, Leiterin der Forschungssektion im BMBWF, mit Austria Innovativ.

AI: Das BMBWF und der FWF laden gemeinsam im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach zur Session „Whom to trust? The Challenge of Being Excellent, Relevant, and Trustworthy“. Warum haben Sie sich dazu entschieden?

Christof Gattringer: Der FWF ist vom BMBWF eingeladen worden, gemeinsam eine Session zum wichtigen Thema Wissenschaftsskepsis und Wissenschaftskommunikation zu gestalten. Dazu wollen wir das Thema von vielfältigen Positionen aus beleuchten:  So wird Tobias Thomas, der Generaldirektor der Statistik Austria, die Bedeutung von Daten als Basis für Vertrauen erläutern. Mit Martina Merz von der Uni Klagenfurt haben wir eine Expertin für Wissenschaftskommunikation dabei, die unter anderem die Ergebnisse des Eurobarometers kritisch interpretieren wird. Und Markus Weißkopf, Direktor von „Wissenschaft im Dialog“, einer der führenden Dialogplattformen Deutschlands, wird seine Erfahrungen aus der Praxis einbringen. Es freut mich besonders, dass Sabine Chai, die Geschäftsführerin der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität, über Maßnahmen diskutieren wird, die die Wissenschaft selbst ergreifen kann, um vertrauenswürdig zu sein. Die Plagiatsvorwürfe, die in den letzten Jahren immer wieder erhoben wurden, helfen nicht unbedingt, Vertrauen zu erwecken. Dafür ist die Integrität in der Wissenschaft und ihre Förderung zentral.

AI: Die Eurobarometer-Umfrage hat gezeigt, dass Österreich sehr wissenschaftsskeptisch ist. Warum ist das so?

Barbara Weitgruber: Die Pandemie hat gezeigt, wie relevant und unmittelbar wirksam Wissenschaft und Forschung für alle Menschen ist. Das sieht man an der Entwicklung eines Impfstoffes basierend auf (Grundlagen-)Forschung, die viele Jahre zuvor finanziert wurde. Zu Beginn der Pandemie schienen die Hoffnung und das Vertrauen groß, dass Wissenschaft und Forschung Lösungen finden werden. Forschende waren plötzlich stark in den Hauptnachrichten vertreten –und wurden um Antworten gebeten; auf Sendeplätzen, die vermutlich in vergangenen Zeiten auch mit viel Geld nicht zu bekommen gewesen wären. Durch die verschiedenen Maßnahmen im Laufe der Pandemie – vor allem durch die Lockdowns und die damit entstandene Unzufriedenheit – hat sich aber die positive Einstellung sehr schnell wieder ins Negative verkehrt. Dies spiegelt sich wohl auch in manchen Antworten in der Eurobarometer-Umfrage wider.

AI: Was sind die Konsequenzen aus dieser Studie?

Weitgruber: Dass wir nun den Ursachen dieses mangelnden Wissenschaftsvertrauens wissenschaftlich nachgehen. Eine Reihe von Annahmen liegt ja vor, auch darüber, wie Vertrauen in Wissenschaft und Forschung mit jener in die Demokratie gekoppelt ist. Aber es fehlt an wissenschaftlicher Evidenz. Deshalb hat das BMBWF eine solche Ursachenstudie beauftragt. Sie soll auch die Rolle der Politik und jene der Medien sowie die unterschiedlichen sozioökonomischen Dimensionen genauer untersuchen. Nur mit solchen Ergebnissen wird es dann auch möglich sein, zielgerichtete und zielgruppenspezifische Maßnahmen ab- und einzuleiten. Denn es gibt ja bereits eine Fülle von Maßnahmen des gesamten Bildungs- und Wissenschaftssektors, der Förderagenturen sowie der Hochschul- und Forschungseinrichtungen. Die Ergebnisse wollen wir 2023 in Alpbach vorstellen und danach mit Stakeholdern und allen Interessierten diskutieren.

Gattringer: Wir müssen besser darüber ins Gespräch kommen, was Wissenschaft eigentlich ist und was sie leisten kann und auch was nicht. Ich glaube, diese Fragen kommen oft viel zu kurz. Die Kenntnislage hat sich in der Vergangenheit ganz wesentlich gewandelt. Wenn man sich Teile der Physik anschaut – die Disziplin, aus der ich selbst komme – dann ist die Newtonsche Gravitationstheorie in gewissen Anwendungsbereichen abgelöst worden von der leistungsfähigeren allgemeinen Relativitätstheorie. Wir sehen also, dass Wissenschaft nicht die Verkündung absoluter Wahrheiten, sondern ein Prozess nach fest verankerten Prinzipien ist, der möglichst gut abgesichertes Wissen hervorbringt und daher vertrauenswürdig ist.

AI: Was kann der FWF dazu beitragen?

Gattringer: Wir haben mehrere Förderprogramme in diesem Bereich, darunter ein Wissenschaftskommunikationsprogramm, das der FWF dieses Jahr budgetmäßig verdoppelt hat und das Forschenden die finanziellen Mittel in die Hand gibt, selbst aktiv zu werden. Wir investieren jetzt eine halbe Million Euro in diesem Bereich. So hat beispielweise die Leiterin eines von uns geförderten Projekts im Bereich Herzgesundheit, Ariane Pessentheiner von der Medizinischen Universität Graz, mit ihrem Team zielgruppenspezifische Kommunikationsaktivitäten gestartet, wie man auf seine eigene Herzgesundheit achten kann. Das ist nur ein Beispiel von vielen. So gelingt es, Forschungsergebnisse im Alltag greifbar zu machen.

AI: Was kann man zur Vertrauensförderung in die Wissenschaft noch tun?

Gattringer: Ich glaube, man muss wissenschaftliches Denken bereits stärker in die Lehrpläne der Schulen integrieren. Wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, wurden zwar Erkenntnisse, aber nur wenig die grundlegenden Prinzipien vermittelt, wie die wissenschaftliche Gemeinschaft zu diesen Theorien gekommen ist. Das verfestigt den Eindruck, dass Wissenschaft finale Wahrheiten produziert.

Weitgruber: Deswegen ist Mitmachen bei der Wissenschaftsvermittlung auch so wichtig. Gerade die Kinder- und Jugenduniversitäten zeigen, wie sehr Kinder und Jugendliche für Wissenschaft zu begeistern sind. Das ist auch der Grund, weshalb das BMBWF diese mittlerweile österreichweit angebotenen Formate unterstützt und die Fördermittel 2021 verdoppelt hat. Auch die große Zahl an Anträgen, die wir bei der Ausschreibung „Sparkling Science 2.0“ – dem Programm zur Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Forschung und Bildung – gesehen haben, verdeutlicht dieses Interesse. Österreich zählt übrigens zu den führenden Ländern bei Citizen Science. Deshalb freut es mich auch besonders, dass die Europäische Citizen Science Konferenz 2024 in Österreich stattfinden wird.

AI: Welche Rolle bei der Wissenschaftsvermittlung soll das BMBWF einnehmen?

Weitgruber: Die eines „facilitators“, eines Ermöglichers bzw. eines zentralen Knotenpunkts in einem großen Netzwerk all jener, die im Bereich Vertrauen in Wissenschaft, Forschung und Demokratie auf unterschiedliche Art und Weise an Bildungs-, Hochschul-, Forschungs- und sonstigen Einrichtungen, in regionalen Stellen und in Förderagenturen tätig sind.

AI: Was sind die nächsten Schritte?

Weitgruber: Am 22. September veranstaltet das BMBWF die erste große Vernetzungskonferenz für Wissenschafts- und Demokratievermittlung in Wien, die „Trust in Science and Democracy-Konferenz“, um allen Akteurinnen und Akteuren in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung – von Lehrerinnen und Lehrern, über Museumsvermittlerinnen und -vermittlern bis zu Hochschullehrenden und Forschenden – erstmals eine Plattform für den persönlichen Austausch zu bieten. Bis zu dem Zeitpunkt verfügen wir auch schon über Rückmeldungen aus anderen europäischen Ländern, welche Aktivitäten sie setzen.

AI: Forschende waren während der Pandemie sehr im Zentrum der Aufmerksamkeit. Inwieweit müssen Forschende zugleich auch gute Wissenschaftskommunikatorinnen bzw. -kommunikatoren sein?

Gattringer: Forschende mit schlechteren Kommunikationsfähigkeiten werden auch im Wissenschaftssystem meist nicht sehr erfolgreich sein können. Aber es ist natürlich ein großer Unterschied, ob man vor einem kleinen Kreis über topologische Quantenfeldtheorie diskutiert oder mit einer breiten Öffentlichkeit. Nicht alle Kolleginnen und Kollegen sind bereit, diesen Schritt zu wagen. Ich glaube aber, die Pandemie hat den Bewusstseinswandel beschleunigt. Das hat auch damit zu tun, dass viel Geld in Forschung investiert wird und dass Forschende zeigen müssen, was mit dem Geld passiert. Deshalb organisieren wir auch Dialogformate wie den „Am Puls“-Talk oder die Gesprächsserie „Was die Welt zusammenhält“, um Forschende, Medien, Akteure aus der Praxis und alle interessierten Menschen ins Gespräch über alltagsrelevante Forschungsthemen zu bringen. Das Interesse ist da und das stärkt auch das Vertrauen. Diesen Weg müssen wir weiter gehen.

Weitgruber: Das sehen wir im BMBWF auch so. Für uns steht dabei die Wirksamkeit von Wissenschaft und Forschung für die Gesellschaft und Wirtschaft im Zentrum. Deshalb ist sie auch ein wichtiges Ziel der FTI-Strategie 2030. Hier hilft es natürlich, wenn Forschende begeistert über ihr Thema und Forschungsprojekt erzählen.

Dieser Beitrag ist eine entgeltliche Einschaltung in Form einer Medienkooperation mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei Austria Innovativ.

 


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