Künstliche Nasen hatten bis jetzt immer ein veritables Problem: Sie funktionierten, aber nur in sehr genau definierten Umgebungen. Denn die chemischen Sensoren, die für die Messung von Substanzen in der Luft eingesetzt wurden, waren anfällig für Temperaturänderungen, konnten ähnlich duftende Substanzen schwer auseinanderhalten und brachten so zwar Ergebnisse, aber oft die falschen.
Die Forschungen und Entwicklungen, die Patrick Aspermair am Austrian Institute of Technology (AIT) angestellt hat, haben dieses Problem nun lösen können. Der Forscher, der mit der wissenschaftlichen Fragestellung gestartet war, wie man mit Geruchssensoren Krankheiten von Diabetes über Leberleiden bis hin zu Krebs erkennen könnte, hat einen robusten Weg gefunden, um Gerüche auch in „real life environment“ eindeutig identifizieren zu können. Ein Erfolg, der auch gleich in aller Munde war: Sein mit Johannes Bintinger und Klara Brandstätter Anfang 2024 gegründetes Spin-off „Nosi – Network for Olfactoric Intelligence“ wurde das „Start-up des Jahres 2024“. Die aws Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft unterstützt das Unternehmen nun in ihrem Preseed-Programm. Und bis Ende 2025 will man die künstliche Nase an mehrere Anwendungsfälle anpassen und bei einigen Kunden schon den Testbetrieb starten.
Chemische Sensoren und robuste Messmethode
Der Clou von Nosi: Die chemischen Sensoren, die Aspermair entwickelte, sind spezielle Polymere. Sie ändern ihre elektrische Leitfähigkeit, wenn Moleküle einer Substanz, die an ihrem Geruch erkannt werden soll, auf ihre Oberfläche treffen. So wie im menschlichen Geruchssystem hat Aspermair nun die chemischen Sensoren so kalibriert, dass sie wie Geruchsrezeptoren auf eine bestimmte – und nur auf diese – Geruchsfacette reagieren. Weil 16 Sensoren auf einer Platine montiert sind, die alle auf ein und dasselbe Geruchsmolekül ein wenig anders reagieren, können so 16 unterschiedliche Geruchskomponenten gemessen werden.
Um robuste Messergebnisse zu bekommen, sind auf der Platine zudem noch 16 idente Geruchssensoren aufgebracht, die abgeklebt sind und so nicht auf Gerüche, sondern nur auf Umgebungseinflüsse, wie etwa Temperatur oder Luftfeuchtigkeit, reagieren. Weil immer nur die Differenzsignale zwischen Geruchssensor und abgeklebten Kalibrierungssensor gemessen werden, werden eventuelle Umweltveränderungen sofort berücksichtigt. Ein spezifischer Geruch wird so immer einwandfrei erkannt, auch wenn sich die Umgebung verändert.
Anhand einer Geruchsprobe kann die künstliche Nase nun via Machine Learning auf die Erkennung eines spezifischen Geruchs trainiert und die Ergebnisse in einer Geruchsbibliothek abgespeichert werden. Obwohl wegen der begrenzten Sensoren--Anzahl noch recht „grobkörnig“ – anstatt mit 16 arbeitet der Mensch mit 300 unterschiedlichen Geruchsrezeptoren – kann Nosi Gerüche dennoch bereits sehr treffsicher erkennen und voneinander unterscheiden, sagt Aspermair. Bei Bedarf könnten auch mehr Sensoren eingesetzt werden.