Die Gewinnung von Sonnenstrom auf Freiflächen kann auch ohne Konkurrenz zur Landwirtschaft erfolgen. Das ist der Grundsatz der Agrar-Photovoltaik, einem Konzept zur erneuerbaren Stromerzeugung, das derzeit in Österreich in mehreren Forschungsprojekten untersucht wird. Eines davon wird von der Wien Energie in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur am Standort Schafflerhofstraße im 22. Wiener Gemeindebezirk betrieben. Hier wird diese neue Art der Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Sonnenstrom-Produktion auf Herz und Nieren getestet.
Seit 2021 sind rund 400 vertikal errichtete, bifaziale Module im Einsatz. Diese erzeugen auf zwei Seiten Energie und ermöglichen dazwischen landwirtschaftlich Anbau. So können gleichzeitig Nahrungsmittel und Ökostrom produziert werden. Im ersten Jahr wurden zur Bodenverbesserung noch vorrangig Luzerne ausgesät. 2022 folgten dann bereits verschie- dene Getreidesorten (Winterweizen, Winterdinkel und Wintergerste) und Sojabohnen, welche im ersten Erntejahr bereits gute Erträge lieferten.
Dieses Jahr wurde der Versuch gemäß dem Prinzip der Fruchtfolge fortgesetzt. Ende des Jahres werden die Ergebnisse final analysiert und es wird über die weitere Entwicklung des Forschungsprojekts entschieden. „Damit die Energiewende bis 2040 gelingt, brauchen wir einen technologischen Mix“, meint Michael Strebl, Geschäftsführer der Wien Energie. „Aufdach-, Freiflächen- und Agrar-Photovoltaik-Anlagen ergeben hier eine wertvolle Kombination.“
Erhöhte Landnutzungseffizienz
In den letzten zwei Jahren konnten bereits wesentliche Erkenntnisse zu dieser Form der Sonnenstrom-Produktion gewonnen werden, die nun weiter vertieft werden. Durch die Kombination der Stromerzeugung mittels Photovoltaik und der Lebensmittelerzeugung auf ein und derselben Fläche wird diese effizienter als bei einer einfachen Bewirtschaftung genutzt. 85 Prozent der Fläche werden für Ackerbau verwendet, 14 Prozent für sogenannte Blühstreifen und etwa ein Prozent für das Photovoltaikgerüst.
Die Doppelnutzung ist wirtschaftlich ertragreicher als der reine Anbau von Pflanzen, da sich Landwirte durch den Stromertrag noch eine zusätzliche Einkommensquelle schaffen können. Es besteht dadurch eine sehr hohe Landnutzungseffizienz. „Die Agrarphotovoltaik in Kombination mit der digitalisierten Landwirtschaft bietet den Landwirten bei deren Bewirtschaftung neue Möglichkeiten mit einem zusätzlichen Erwerbseinkommen und einem großen technologischen Fortschritt“, erklärt Helmut Wagentristl, Professor an der Universität für Bodenkultur und Direktor der Versuchswirtschaft Groß-Enzersdorf. So könne zum Beispiel die grüne Energie di-ekt für die Lebensmittelproduktion genutzt werden, dies bedeute eine zusätzliche CO2-Reduktion.
Versuche am Schafflerhof zeigen, dass die Bewirtschaftung des Agrar-Photovoltaik-Ackers problemlos funktioniert. Der zehn Meter breite Abstand zwischen den Modulen ermöglicht das herkömmliche Benutzen von Maschinen. Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung zwischen bifazialen Photovoltaikmodulen ähnelt damit der normalen Landwirtschaft. Zum Schutz der Photovoltaikanlage vor landwirtschaftlichen Beschädigungen wird jeweils auch ein Abstand von ca. einem Meter zwischen den Modulen und dem Ackerfeld gelassen. Bei der Agrar-PV Schafflerhofstraße wurden mehrere verschiedene Methoden getestet, um diesen Streifen frei von Unkraut zu halten. Die Ansaat einer speziellen Blühmischung und die mechanische Pflege der Wiesensaat haben sich bewährt. Der Blühstreifen erhöht zudem die Biodiversität.
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