In jüngster Vergangenheit erfreuen sich Seltene Erden steigenden Interesses. Dies liegt daran, dass sie in der Elektronik von Computern und Mobiltelefonen große Bedeutung haben und somit auch wirtschaftlich zunehmend interessanter werden. Gegenwärtig hat sich die Volksrepublik China praktisch ein Monopol im Abbau und Handel dieser Metalle gesichert und kann dementsprechend Versorgung und Preise kontrollieren. Durch den stetigen technischen Fortschritt ist es heute bereits abzusehen, dass sich die Versorgungslage von Seltenen Erden als kritisch erweisen wird und dadurch der Ausbau von Zukunftstechnologien gefährdet sein kann. Aktuelle Recycling-Methoden, die bei den meisten Seltenen Erden kaum 1% der benötigen Menge ausmachen, sind durch die Verwendung von Chemikalien weder umweltfreundlich noch nachhaltig.
„Der erste Anstoß sich mit Seltenen Erden zu beschäftigen kam, als eine Firma auf die Kollegen aus Tschechien zugekommen ist, mit der Frage, ob man nicht mit Algen Elektronikschrott aufarbeiten könne. Diese Firma hat das Thema dann nicht weiterverfolgt, doch die Tschechische Akademie der Wissenschaften und die FH Krems haben es aufgenommen und Experimente dazu gestartet“, erzählt Dominik Schild von der IMC Fachhochschule Krems, „da wir es weiterverfolgen wollten, haben wir dann auch bei Interreg eingereicht und eine Förderung bekommen.“ Am Projekt „REEgain“ sind die FH Krems, die Tschechische Akademie der Wissenschaften, die Donau Universität Krems und die Karl Landsteiner beteiligt. Mit Unterstützung von tecnet equity konnte bei der Förderschiene „Interreg V“ erfolgreich ein Forschungsantrag eingereicht werden. Das so eingeworbene Projekt wird aus Mitteln der beteiligten Länder, Österreich und Tschechien, und aus EU-Mitteln mit ca. 1,3 Mio. Euro finanziert. Ziel ist es, mit Hilfe von Mikroorganismen (z. B.: Bakterien, Algen, Cyanobakterien etc.) auf nachhaltiger und umweltfreundlicher Basis Seltenen Erden aus Abfällen wie z. B. Elektronikschrott oder Abwässern zurückzugewinnen.
Neue Wegen gehen mit Bio-Recycling
Dieses Bio-Recycling beruht auf der Fähigkeit von Mikroorganismen, Seltene Erden aus ihrer Umgebung aufzunehmen. Hierzu wird der Elektronikschrott aufgelöst und diese wässrige Lösung der Fermentation von Bakterien, Pilzen oder Algen zugefügt. Diese können die Seltenen Erden nun aufnehmen, während sie zu großer Zelldichte heranwachsen. Danach wird die so gewonnen Biomasse fraktioniert, das heißt die Zellen werden aufgebrochen und die so erhaltenen Bruchstücke und Zellinhalte aufgetrennt. (siehe auch die Grafik). Die komplexen Aufgaben wurden unter den Partnern aufgeteilt: die Akademie der Wissenschaften in Třeboň und die FH Krems entwickeln die Fermentationen wobei hier auch die Aufnahme der Seltenen Erden durch die Organismen stattfindet. Die Fraktionierung findet an der Donau-Universität Krems statt, Analytik und Bestimmung der geeigneten Organsimen werden von der Karl Landsteiner Universität beigesteuert.
Bei der Wiedergewinnung wird auch auf spezielle Fermentationsmethoden wie Co-Kultivierung von Organismen gesetzt. Dies bedeutet, dass nicht wie sonst üblich nur einzelne Organismen zum Recycling eingesetzt werden, sondern Kombinationen, die durch ihre gemeinsamen Fähigkeiten Vorteile bringen. Vergleichbar mit einer Symbiose in der Natur ist hier das gemeinsame Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile, denn eine Kombination photoautotropher Organismen, die CO2 aus der Luft aufnehmen und fixieren, mit heterotrophen Organismen, die besonders schnell und effizient bei der Aufnahme Seltener Erden sind, bietet die Chance auf eine Technologie mit besonders günstigen CO2-Fußabdruck.
Bisherige Ergebnisse mit verschiedenen Organismen zeigten bereits Aufnahmeraten von bis zu 80 % bei verschiedenen Formen von Schrott von Energiesparlampen. Bei Fraktionierungsversuchen hat sich gezeigt, dass die verschiedenen Seltenen Erden oft bevorzugte Andockstellen haben. Manche bleiben außen an der Zellwand, andere werden in die Proteine in der Zelle eingebaut wieder andere bleiben gelöst in der Zellflüssigkeit. Eine solche biologische Auftrennung erweist sich natürlich als besonders günstig für die Recycling-Technologie.
Umweltfreundlich und nachhaltig
Der große Vorteil dieser Technologie ist, dass sie umweltfreundlich und nachhaltig ist. Da als Rückstände nur biologisches Material bleibt, das entweder verrotten kann oder, da die eingesetzten Organismen nicht gentechnisch verändert sind, sogar als Dünger oder Tierfutterzusatz verwendet werden kann.
Um die Vision einer neuartigen, umweltfreundlichen Recycling-Methode zu realisieren, stehen die Projektpartner in ständigem Austausch mit strategischen Partnern. Diese stammen aus Industrie und Forschung, und steuern wertvolle Erfahrungen bei, die sicherstellen sollen, dass der Nutzen aus der Entwicklung nicht auf den Labormaßstab beschränkt bleibt, sondern sich großtechnisch umsetzten lässt. Auf österreichischer Seite sind hier die Firma Saubermacher GmbH und Stark GmbH zu nennen, auf tschechischer Seite unterstützt Městská Vodohospodářská. Auch tecnet kann bei der Umsetzung der Forschungsergebnisse in die industrielle Anwendung wertvolle Dienste leisten.
Durch Vorträge und Konferenzen wurden viele weitere Organisation auf dieses Projekt aufmerksam und bekundeten ihr Interesse. Der Erfahrungsaustausch, die Unterstützung der strategischen Partner und Experten, sowie die bisherigen Ergebnisse, stimmen die Wissenschaftler in diesem Projekt sehr positiv, dass hier eine Technologie erfolgreich entwickelt wird, die in Zukunft eine umweltfreundliche und nachhaltige Verbesserung in der Versorgung mit Seltenen Erden darstellt.