In die Welt der Wissenschaften führten den Rechnungshofausschuss heute zwei kritische RH-Prüfberichte: Bei der Überprüfung der Finanzgebarung an der Technischen Universität Wien deckte der Rechnungshof einen unfinanzierbaren Kollektivvertrag, leerstehende Büroräume und ein Scheingeschäft mit Vetmeduni auf. TU-Rektorin Sabine Seidler rechtfertigte heute diese Missstände vor den Ausschussmitgliedern. Weiters kontrollierte der Rechnungshof die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung, die ihre Ziele wegen schwankenden Zinserträgen nur teilweise erreichen konnte.
Rektorin erklärt Missstände der TU
Negativ bilanzierte die Technische Universität Wien (TU Wien) in den Jahren 2008 bis 2012. Im Jahr 2010 wurden Verluste von rund 18,4 Mio. € verzeichnet, die auf Einmaleffekte zurückzuführen sind. In den vorangegangenen Jahren hatten die Ausgaben für Personal, Bauten und Geräteausstattung stark zugenommen, es wurde über den Verhältnissen gelebt, wie der Rechnungshof feststellte. Daraufhin musste die TU Wien 2011 einen Frühwarnbericht erstellen. Das geht aus dem RH-Bericht über die Gebarung der TU in den Jahren 2007 bis 2013 hervor (III-167 d.B.). Die Ursachen für das negative Ergebnis liegen vorrangig im Personalbereich, denn dort stiegen die Ausgaben am stärksten an, informiert der Bericht. Aber auch die Investitionen in Maschinen und technische Anlagen wurden verdoppelt und beim neuen Informationssystem der TU Wien (TISS) war eine massive Kostenüberschreitung zu verzeichnen. Die Universität tätigte Investitionen, die weder durch Investitionszuschüsse des Wissenschaftsministeriums noch aus dem laufenden Betrieb finanziert werden konnten, dadurch erfolgte ein massiver Abbau der liquiden Mittel, musste Rechnungshofpräsident Josef Moser feststellen. Erst im Jahr 2013 konnte wieder ein positives Ergebnis erzielt werden. Zudem erzielten Drittmittelprojekte ein positives Ergebnis, in dieser Erfolgsrechnung fehlen jedoch die Gemeinkosten. Ein diesbezügliches Kostenbewusstsein müsse verstärkt werden, so Moser.
Unfinanzierbarer Kollektivvertrag
Im Personalbereich schloss die TU Wien einen Kollektivvertrag ab, der nicht finanzierbar war, führte Rechnungshofpräsident Moser aus. Dieser wurde so großzügig angewandt, dass Mehraufwendungen von rund 720.000 € entstanden, noch bevor der Vertrag voll in Kraft trat. Die vom Bund finanzierten Personalausgaben wurden ab 2012 stabilisiert, dies ging jedoch zu Lasten des Lehr- und Forschungspersonals, während die Ausgaben für das allgemeine Personal im Jahr 2013 wieder anstiegen. Freiwillige Abfertigungen sollten restriktiv gehandhabt und Mehrleistungszulagen wieder eingeschränkt werden, so Mosers Forderung.
Insbesondere die Dekans- und Studiendekanszulagen sah Abgeordnete Sigrid Maurer (G) aufklärungswürdig und hinterfragte auch die Unterschiede in der Bezahlung von Männern und Frauen bei der TU Wien. Um dem entgegenzutreten werde seit einigen Jahren ein Frauenbericht erstellt, so die TU-Rektorin Sabine Seidler, der Frauenanteil müsse erhöht werden. Abgeordneter Nikolaus Alm (N) sprach sich überdies dafür aus, die Pensionskassenbeiträge einzuschränken. Dies ist aber, Seidler zufolge, aufgrund rechtlicher und finanzieller Rahmenbedingungen nicht möglich.
Die Personalkosten betragen nun konstant 128 Mio. €, so Rektorin Seidler. Dafür wurde umstrukturiert und ProfessorInnen, durch UniversitätsassistentInnen, ersetzt. Aufgrund steigender Studierendenzahlen könne jedoch das Personal nicht weiter abgebaut werden. Der internationale Wettbewerb ließe wenig Spielraum bei den kollektivvertraglichen Überbezahlungen der ProfessorInnen, denn die TU müsse mit den Besoldungssystemen von Deutschland und der Schweiz mithalten. Staatssekretär Harald Mahrer stellte fest, dass er die Personalstruktur nicht beurteilen wolle, dies sei Aufgabe der Universitätsräte, es gebe jedoch einen diesbezüglichen Austausch zwischen dem Ministerium und der TU Wien.
Leere Büroräume trotz steigender Mieten
Ein Drittel der Büroräume stand im Berichtszeitraum leer und die zu zahlenden Mieten stiegen wesentlich stärker als die von der Universität genutzten Flächen, stellte Abgeordnete Martina Schenk (V) entrüstet fest. Der Rechnungshofbericht empfahl, dem nachzugehen und organisatorische Gegenmaßnahmen zu setzen. RH-Präsident Moser erkannte an, dass die TU Wien mit dem Projekt Univercity 2015 anstrebe, ihre Standortsituation zu bereinigen.
Auf die kritische Äußerung von Abgeordnetem Gerald Hauser (F) erklärte die Rektorin der TU Wien das Missverhältnis zwischen Mietpreisen und Flächen mit räumlichen Umstrukturierungen und Sanierungsmaßnahmen. Durch die Zusammenlegung von Fakultätsstandorten komme es zu vorübergehenden Leerständen, die wieder aufgefüllt würden. Diese Zusammenziehung zur Kostensenkung wurde von Abgeordnetem Erwin Preiner (S) begrüßt.
Vetmeduni entwickelt Informationssystem für TU
Kritisch stellte Moser fest, dass die TU Wien ihr neues Informationssystem (TISS) durch die Veterinärmedizinische Universität Wien entwickeln ließ, obwohl sie selbst über einen Informatikdienst und eine Fakultät für Informatik verfügt. Die Kosten für das Projekt stiegen laut RH-Bericht von 1 Mio. € auf 7 Mio. €. Bislang verursachte das Projekt Kosten von 11 Mio. €, ließ Rektorin Seidler die Abgeordneten des Rechnungshofausschusses wissen. Überdies wurde von beiden Universitäten Selbstanzeige erstattet, da Umsatzsteuern von rund 700.000 € nicht gemeldet wurden.
Sigrid Maurer (G) zeigte sich über dieses "Scheingeschäft" empört, zumal das Projekt TISS als gefördertes Forschungsprojekt geführt wurde. Zudem sprach sie sich dafür aus, rechtliche Schritte gegen die verantwortlichen Personen zu setzen. Auf diese Forderung gab Staatssekretär Mahrer zu bedenken, es sei Aufgabe der Universitätsräte, personelle Konsequenzen zu ziehen, denn die Steuerschuld wurde nachträglich beglichen. Universitätsrektorin Seidler teilte die Meinung zu dem Umgehungsgeschäft, rechtliche Schritte erscheinen jedoch, ihren Nachforschungen zufolge, ohne Erfolg.
Abgeordneter Hauser stellte fest, dass Auslagerungen nur gerechtfertigt seien, sofern in den Bereichen keine Eigenkompetenz vorliegt und die Leistungen kostengünstiger selbst erstellt werden könnten. Andreas Ottenschläger (V) hielt positiv fest, dass die TU trotz allem einen regen Zulauf der StudentInnen zu verzeichnen hat. Erwin Preiner (S) machte sich in diesem Zusammenhang Sorgen um die Auswirkungen auf die Studierenden. AuchGabriela Moser (G) gab zu bedenken, dass das investierte Geld nicht bei Forschung und StudentInnen ankäme und laufende Kontrolle notwendig sei, um die ordnungsgemäße Verwendung sicherzustellen. Es fehle die demokratische Mitwirkung der StudentInnen, sagte sie. Notwendig sei, die Mittel für Forschung zu erhöhen, so Elmar Mayer (S), allerdings müsse die Verwendung durch konkrete Leistungsvereinbarungen sichergestellt werden. Staatssekretär Harald Mahrer hielt diesbezüglich fest, es würden Leistungsvereinbarungen geschlossen, für die operative Durchführung seien aber die Universitäten zuständig. Hinterfragt werden müsse, seiner Meinung nach, die Governance-Struktur der Universitäten. Der Bericht wurde vertagt.
Schwankende Zinserträge verhindern Zielerreichung von Forschungsstiftung
Die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE-Stiftung) erreichte ihre Ziele nur eingeschränkt, zeigte der Rechnungshofbericht auf (III-127 d.B.). Das Ziel einer nachhaltigen und budgetunabhängigen Finanzierung von Forschungsvorhaben in Höhe von rund 125 Mio. €, wurde nur in den Jahren nach der Gründung, 2004 bis 2006, erreicht. In den Folgejahren bis 2013 blieben diese Mittelzuwendungen wegen schwankenden Zinserträgen deutlich hinter den Erwartungen zurück, informierte Rechnungshofpräsident Josef Moser. Dahingegen wurden die Ziele bei den Verwaltungs- und Abwicklungskosten erreicht.
Dotierung der Stiftungsmittel in Diskussion
Die Stiftungsmittel, gespeist von der Oesterreichischen Nationalbank und dem ERP-Fonds (Europäisches Wiederaufbauprogramm), sollten ausschließlich an vom Bund getragene Förderungseinrichtungen vergeben werden. Dabei bestand jedoch ein Interpretationsspielraum, so der Rechnungshof. Wolfgang Zanger (F) erkundigte sich nach den Förderungsempfängern worauf Stiftungsvorstand Bernhard Sagmeister informierte, mit sechs genannten Begünstigten stünden die Förderungsempfänger fest.
Abgeordnete Ruth Becher (S) interessierte sich für die Dotierung der Nationalstiftung und trat für eine Aufstockung der Mittel auf 125 Mio. € durch den Bund ein, denn eine längerfristige Planung sei aufgrund der Zinsschwankungen nicht möglich. Dem schloss sich ÖVP-Abgeordneter Josef Lettenbichler an. Sigrid Maurer (G) war die mittelfristige Finanzierung ein Anliegen, zudem sprach sie sich für eine Änderung bei der Fördermittelvergabe aus. Stiftungsvorstand Sagmeister betonte, dass die Tendenz der fallenden Zinsen allgemein bekannt und ein weiteres Sinken in den kommenden Jahren absehbar sei. Eine Dotierung der Mittel durch den Bundeshaushalt sei möglich. Die Projektauswahl künftig kompetitiv auszurichten werde bei der Schwerpunktsetzung bedacht, so Sagmeister.
Staatssekretär Harald Mahrer nahm Bezug auf die sinkende Gesamtdotierung der Stiftung von 2004 bis 2013 und stellte aber fest, für die FTE-Stiftung würden die Zinserträge in den nächsten Jahren gleich bleiben. Rechnungshofpräsident Josef Moser sagte, dass für das Jahr 2016 zwar eine Verbesserung erwartet, das Ziel von 125 Mio. € jedoch nicht erreicht werde. Er empfahl die Möglichkeiten zur Zielerreichung zu überprüfen und gegebenenfalls die Ziele neu zu formulieren.
Interessenskonflikt wegen Doppelfunktion
Bernhard Sagmeister übt die Funktion als Geschäftsführer einer der begünstigten Gesellschaften aus und übernimmt zur Nutzung von Synergieeffekten auch die Aufgabe des Stiftungsvorstands, so der Rechnungshofbericht. Es müssten Maßnahmen gesetzt werden um Interessenskonflikten des Stiftungsvorstands entgegenzuwirken, stellte Gerald Hauser (F) kritisch fest, denn die beiden Funktionen seien schwer vereinbar. Dem trat Staatssekretär Mahrer entgegen, der Vorstand vergebe die Mittel nicht an sich selbst, dies sei Aufgabe des Stiftungsrats. Die vorliegende Struktur sei unproblematisch, führte Mahrer aus, zudem sei sie effizient und verwaltungsarm, so auch die Rechtfertigung Sagmeisters.
Empfehlungen des Rechnungshofs wurden weitgehend umgesetzt
Es sei notwendig, ein aussagekräftiges Wirkungsmonitoring unter Einbeziehung der Förderungseinrichtungen einzurichten, denn in der FTE-Stiftung gab es keine laufende Kontrolle über die mit Fördermitteln erzielten Wirkungen, merkte Rechnungshofpräsident Josef Moser kritisch an. Zudem fehlen Regelungen zum Internen Kontrollsystem, hieltMartina Schenk (V) fest und zeigte sich empört, dass Fördermittel vergeben werden ohne zu wissen wohin. Der Rechnungshof empfahl unter anderem die Dokumentation der Entscheidungsfindung zu verbessern und eine stärkere Rückkoppelung an den Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) einzuführen. Allen Empfehlungen des Rechnungshofes wird entsprochen, so Stiftungsvorstand Sagmeister, bislang wurden 90 Prozent umgesetzt, der Rest folge im Herbst, was auch Philip Kucher (S) begrüßte. Der Bericht wurde vertagt.