Jede dritte Person in Österreich fühlt sich durch Lärm gestört, die häufigsten Ursachen sind Verkehr, Baustellen und Nachbarn. Abgesehen von Gehörschäden kann zu lauter Schall unser vegetatives Nervensystem durcheinanderbringen – mit Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen als mögliche Folgen. Wie sich Lärm mit technischen Mitteln reduzieren lässt, daran forscht Christian Adams seit Anfang Dezember als Professor für Akustik und Lärmwirkungsforschung an der TU Graz. Finanziert wird seine Stiftungsprofessur in den ersten fünf Jahren vom Bundesumweltministerium, der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft sowie der Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Verkehrsflughäfen, der ASFINAG, der AVL, KTM F&E, den LINZ AG LINIEN, den ÖBB und den Wiener Linien.
Metamaterialien verbessern
„Unser Anspruch ist, Lärm möglichst nah an der Quelle zu minimieren. Idealerweise entsteht ein unerwünschter Schall erst gar nicht“, sagt Christian Adams. „Im zweitbesten Szenario versucht man, die Ausbreitung einzudämmen – Beispiele sind Lärmschutzwände oder eingekapselte Maschinen.“ Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt darin, neue Ansätze im Lärmschutz zu entwickeln und bestehende zu optimieren. Dazu zählen sogenannte Metamaterialien, die mit 3D-Drucktechnik hergestellt werden können. Durch ihre besondere Oberflächenstruktur können sie Schall teilweise absorbieren. „Konventionelle absorbierende Materialien haben oft eine schlechte Klimabilanz. Da gibt es noch viel Potenzial für Verbesserungen.“
Lärmbelastung intelligent berechnen
Ein weiteres Ziel der neuen Professur ist die Entwicklung intelligenter Lärmkarten. Klassische Lärmkarten beruhen auf Experimenten und Simulationen - die Überlagerung verschiedener Schallquellen und deren Variationen in Abhängigkeit von Tageszeit oder Wetterlage geben sie aber nicht wieder. „In eine intelligente Lärmkarte hingegen würden zahlreiche Messdaten kontinuierlich einfließen, sodass man die Lärmbelastung zu einem gewünschten Zeitpunkt präzise berechnen könnte“, erklärt Christian Adams. In der Folge ließen sich Lärmschutzmaßnahmen effektiver umsetzen.
Besser verstehen, wie Lärm auf den Körper und die Psyche wirkt
In der Technischen Akustik wird Schall mit Parametern wie dem Schalldruckpegel (dB) erfasst und zusätzlich mit psychoakustischen Metriken wie Rauigkeit und Schärfe beschrieben. Doch diese bilden lediglich die menschliche Wahrnehmung ab. Wie der Schall bzw. Lärm aber im Detail auf den menschlichen Körper und die Psyche wirkt, spielt in der Technischen Akustik bislang kaum eine Rolle. Christian Adams wird mit den Stifterunternehmen und Mediziner*innen zusammenarbeiten, um die Lärmwirkung auf Betroffene bei der Optimierung technischer Lärmquellen effektiver zu berücksichtigen.
Neues Masterstudium in Technischer Akustik geplant
Der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften mit fundierten Kenntnissen in der Akustik ist groß. Daher plant die TU Graz ein neues Masterstudium im Bereich der Technischen Akustik. „Ingenieur*innen lernen bislang wenig über Akustik. Das wollen wir mit dem neuen Studiengang ändern“, sagt Manfred Kaltenbacher, der als Leiter des Instituts für Grundlagen und Theorie der Elektrotechnik an den Planungen beteiligt ist. „Die Studierenden werden in Technischer Akustik ausgebildet und dadurch in die Lage versetzt, Lärmschutzmaßnahmen zu verstehen und entsprechend zu planen. In diesem Bereich gibt es europaweit bislang kaum Studienangebote.“
Mehr Informationen unter tugraz.at.