Ein vermeintlich kostengünstiger Einkauf aus der fernen Übersee kann ziemlich teuer kommen, denn Faktoren wie Qualität, ressourcenschonende Herstellung und Produktion sowie Lebensdauer der Produkte, Wartung, Reparaturservice und Einhaltung von arbeitsrechtlichen Standards in der Lieferkette müssen dabei ebenso berücksichtigt werden wie der Einkaufspreis. Sicher hingegen ist, dass regionale, nachhaltig erzeugte Produkte mit Qualitätsgarantie in vielen Aspekten für Umwelt und Gesellschaft günstiger sind. Abgesehen von einem kleineren ökologischen Fußabdruck kann durch nachhaltige Beschaffung auch die regionale Wirtschaft gestützt, mehr Fairness in die globalen Lieferketten eingebracht und die Abhängigkeit von diesen verringert werden.
Beitrag zu den Klimazielen
Nachhaltige öffentliche Beschaffung ist somit ein strategisches Instrument zur Lösung der anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen. Das wird auch im Green Deal der Europäischen Kommission und den UN-Sustainable Development Goals (SDGs) klar aufgezeigt. Be- sonders relevant ist laut SDGs die Art und Weise, wie wir produzieren und konsumieren (SDG 12). Im Kampf gegen den Klimawandel nimmt die öffentliche Hand eine besondere Vorbildrolle ein. Das Ziel ist klar: Die nachhaltige Beschaffung in allen Bundesinstitutionen zu verankern, die Kriterien für die nachhaltige öffentliche Beschaffung zu harmonisieren und die Vorreiterrolle Österreichs in der EU zu sichern.
Aktionsplan nachhaltige Beschaffung
Die operative Umsetzung dieses Ziels ist im österreichischen Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe-Aktionsplan) verankert. Die erste Version eines solchen Aktionsplans wurde bereits 2003 im Rahmen einer Initiative der Europäischen Kommission entwickelt. Damals wurden alle europäischen Mitgliedsstaaten aufgefordert, nationale Aktionspläne zur Ökologisierung der öffentlichen Beschaffung vorzulegen. Im Jahr 2010 wurde der naBe-Aktionsplan auf Bundesebene installiert und laufend weiterentwickelt. Am 23. Juni 2021 beschloss die Bundesregierung nach einem Reformprozess, in dem alle wichtigen Stakeholder eingebunden waren, eine neue Version des Aktionsplans gemäß den aktuellen technischen und politischen Anforderun- gen. Der naBe-Aktionsplan ist seit 1. Juli 2021 in Kraft und konkretisiert für Beschaffungsverantwortliche, wie Nachhal- tigkeit in Ausschreibungen gemäß dem Bundesvergabegesetz (BVergG 2018) umzusetzen ist.
16 Beschaffungsgruppen
Der naBe-Aktionsplan verpflichtet alle Bundesinstitutionen, im Sinne der naBe-Kriterien einzukaufen. Die Bundesländer, Städte und Gemeinden sind eingeladen dem Beispiel des Bundes zu folgen. Die 16 Beschaffungsgruppen reichen von Hoch- und Tiefbau, Strom, Fahrzeuge, IKT, Textilien, Lebensmittel und Gemeinschaftsverpflegung bis hin zur Reinigung. „Wir decken damit aber noch nicht alle Bereiche ab. In der IKT sind etwa nur die Endgeräte berücksichtigt, aber noch nicht die großen Rechenzentren und Cloudservices. Hier arbeiten wir gerade an neuen Kriteriensets“, erklärt Gerhard Weiner, Leiter der naBe-Plattform. Die naBe-Kriterienkataloge für die 16 Beschaffungsgruppen sind auf der Website www.nabe.gv.at abrufbar.
Die Koordination zur Umsetzung des naBe-Aktionsplans liegt beim Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). Eine zentrale Rolle für die Umsetzung kommt der naBe-Steuerungsgruppe zu, in der die entscheidungsverantwortlichen Sektionsleiter:innen der Ministerien sowie Geschäftsführer von BBG und BIG vertreten sind. Für die operative Arbeit wurden in jedem Ministerium naBe-Beschaffungsverantwortliche eingesetzt.
Der Bund nimmt hier eine bedeutsame Vorreiterrolle ein und sendet auch Richtung Privatwirtschaft ein starkes Signal, dem Vorbild zu folgen und Produkte und Dienstleistungen vermehrt nach nachhaltigen Anforderungen zu beschaffen.
Die naBe-Plattform
Dank der Einrichtung einer Servicestelle in der Bundesbeschaffung GmbH (BBG), finanziert durch das BMK, kann der naBe-Aktionsplan seit September 2019 noch besser umgesetzt werden. Die naBe-Plattform repräsentiert nun die erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um den naBe-Aktionsplan und unterstützt öffentliche Beschaffungsverantwortliche. Sie koordiniert und organisiert in Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzministerium auch die Arbeitsgruppen zur Weiterentwicklung der naBe-Kernkriterien. Außerdem organisiert die naBe-Plattform regelmäßige Fachveranstaltungen zu aktuellen Themen der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung.
Bundesländer, Gemeinden, Städte und Unternehmen
Mit dem Ziel der Harmonisierung soll der naBe-Aktionsplan auch auf die Bundesländer, Städte und Gemeinden ausgeweitet werden. Mit Niederösterreich und Tirol haben sich bereits zwei Bundesländer zur Umsetzung des naBe-Aktionsplans bereit erklärt. Nun schließen sich auch immer mehr Städte und öffentliche Unternehmen an. Dazu wurde im Februar 2023 ein neues Format gestartet.
Als erstes konnte, unter dem Motto „In Linz beginnt ́s“, die Stadt Linz gewonnen werden. Danach folgten Villach, die ASFINAG und die Österreichische Bundesforste AG. Jüngst unterzeichneten auch AIT Geschäftsführer Alexander Svjekovsky und AIT Prokuristin Beatrice Kornelis eine strategische Partnerschaft für nachhaltige öffentliche Beschaffung mit dem Klimaschutzministerium. Vertreten wurde das BMK bei der Unterzeichnung durch Sektionschef Christian Holzer.
Die wissenschaftliche Erfassung der Effekte des naBe-Aktionsplans erfolgt im Rahmen von Monitoringprojekten und Studien – etwa zur Klimabilanz der öffentlichen Beschaffung. Eines zeigt sich schon klar: Seit Beginn des Jahres wächst die Community für die nachhaltige Be- schaffung stark an.
Weitere Informationen unter: nabe.gv.at