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© Foto: Mongkolchon Akesin/Shutterstock
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Lehren aus der Pandemie

Klara Sekanina und Johannes Gadner vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung über die Auswirkungen und Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie.

Seit zwei Jahren wird der öffentliche Diskurs von der COVID-19-Pandemie und ihren Folgeschäden dominiert. Das ist in Anbetracht ihrer Tragweite verständlich, doch werden dabei positive Aspekte zumeist übersehen. Einer davon ist der global zu beobachtende Bedeutungsgewinn der Wissenschaft– trotz der lautstark artikulierten Skepsis bestimmter Bevölkerungsteile gegenüber evidenzbasierten Maßnahmen.

Die Pandemie hat einer breiten Öffentlichkeit gezeigt, wie zentral Forschung, Technologie und Innovation (FTI) für unsere global vernetzten Gesellschaften sind. Zudem hat sie die Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnisse für politische Entscheidungen bewusst gemacht. Auch hat sie demonstriert, wie der globale Austausch von Forschungsergebnissen über den Erreger SARS-CoV-2 die Grundlage für dessen Bekämpfung schuf. Dank internationaler wissenschaftlicher Kooperation konnte das Genom des Virus wenige Wochen nach seiner Entdeckung vollständig entschlüsselt und veröffentlicht werden. Und dank global vernetzter Produktionsstrukturen ist es in Rekordzeit gelungen, wirksame Impfstoffe zu entwickeln und in großer Stückzahl zu produzieren. Aktuell bahnt sich mit der Entwicklung antiviraler Medikamente zur Behandlung von COVID-19 ein neuer Durchbruch an.

Es steht daher fest: Ohne die Errungenschaften der Wissenschaft wären weit gravierendere Folgeschäden und deutlich mehr Todesfälle zu verzeichnen gewesen. Zwar hat die Pandemie laut offiziellen Angaben (siehe ourworldindata.org/covid-deaths) bis heute weltweit das Leben von rund sechs Millionen Menschen gefordert, was ihr im Ranking der tödlichsten Seuchen einen Platz unter den Top 10 beschert (mehr dazu: Nicholas LePan: Visualising the History of Pandemics). Doch in Relation zur Weltbevölkerung ist die Todesrate mit 0,07 % im Vergleich zu früheren Pandemien gering. Verantwortlich dafür sind das wissenschaftliche Verständnis von Krankheitserregern, die darauf basierenden Strategien zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sowie der medizinische Fortschritt bei der Behandlung von Kranken. „Die Wissenschaft hat Pandemien zu einer beherrschbaren Herausforderung gemacht“, meint dazu der Historiker Yuval Noah Harari in seinem Artikel „Lessons from a year of Covid“ im Februar 2021 in der Financial Times.

Umgekehrt hat die Pandemie FTI-Aktivitäten weltweit intensiviert: Corona hat eine „noch nie dagewesene Mobilisierung der wissenschaftlichen Gemeinschaft“ ausgelöst, betont u.a. auch die OECD im „Science, Technology and Innovation Outlook 2021“. Allein im Jahr 2020 sind über 75.000 wissenschaftliche Publikationen zu COVID-19  erschienen, der Großteil davon frei zugänglich. Die globalen F&E-Ausgaben sind der OECD zufolge von 2019 auf 2020 um 6,2 % gestiegen, was allein aus „zusätzlichen Mitteln für die Erforschung von SARS-CoV-2“ resultiert. Allerorten wurden Krisenstäbe und Expertengremien aktiviert, in denen der Wissenschaft und ihren Erkenntnissen ein hoher Stellenwert eingeräumt wurde. Die überwiegende Mehrheit der Regierungen ist – so belegen es die Daten aus dem Oxford COVID-19 Government Response Tracker – der wissenschaftlichen Expertise gefolgt.

Maßnahmen in Österreich
Auch die österreichische Bundesregierung hat eine Reihe FTI-politischer ad-hoc-Maßnahmen und strategischer Initiativen gesetzt. Mit den für die Corona-Forschung zur Verfügung gestellten Budgets für FWF und FFG, der Finanzierung der Exzellenzinitiative oder den Vorarbeiten für den „Fonds Zukunft Österreich“ wurden inmitten der „wahrscheinlich größten Krise unserer Generation“, so der Historiker Harari, wichtige Schritte gesetzt. Insbesondere sind die FTI-Strategie 2030 und der FTI-Pakt hervorzuheben, mit denen die strategische Grundlage für die FTI-Politik der laufenden Dekade sowie größere Planungsund Finanzierungssicherheit geschaffen wurden. Diese Impulse sind zentral, zeigt doch der Vergleich mit der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008, dass Länder, die (wie auch Österreich) ihre F&E-Ausgaben konstant
hielten, die Krise besser meistern konnten. Auch innovative Unternehmen waren widerstandsfähiger gegenüber den Krisenfolgen und mussten in geringerem Ausmaß Personal abbauen. Dazu gibt es zwischenzeitlich ausreichend Evidenz. Investitionen in FTI sind also zentrale Voraussetzungen einer erfolgreichen Krisenbewältigung.

Folglich sind die FTI-Strategie und der FTIPakt nun forciert umzusetzen. Dabei sind verstärkt auch die Lehren aus den Erfahrungen der letzten zwei Jahre zu ziehen. So etwa jene, dass für die Bewältigung der nächsten großen Herausforderungen – allen voran Klimawandel, Umweltverschmutzung, Ressourcenknappheit, Überalterung oder digitale Transformation – der Stimme der Wissenschaft und evidenzbasierter Politikberatung stärker als bisher Gehör geschenkt werden muss. Der Bedarf an einer proaktiv agierenden Politik, die Entscheidungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse trifft, wird in Zukunft noch größer. Denn insbesondere der Klimawandel ist eine im Vergleich zur COVID-19-Pandemie noch weit komplexere und fundamentalere Herausforderung.

Die Pandemie hat gezeigt, was in Ländern passiert, die nicht ausreichend in ihre sozialen Infrastrukturen sowie in grundlegende Zukunftsbereiche investieren. So wirkten sich unzureichend ausgebaute Gesundheitssysteme in UK oder USA verheerend aus, mit der Konsequenz von deutlich mehr Todesfällen (mehr dazu: Horton, The Covid-19 Catastrophe (2020)). Kinder in schlecht ausgestatteten Bildungssystemen litten laut UNESCO signifikant stärker unter Schulschließungen und prekäre Verhältnisse in FTI-Systemen hatten laut dem OECD-Bericht „Science in the face of the COVID-19 crisis“ negativere Effekte auf die Forschungstätigkeit. Die Krise hat uns folglich gelehrt, dass die Sicherstellung einer adäquaten Finanzierung von Bildung, FTI und Gesundheit höchste Priorität haben muss.

Eine weitere Lehre ist, dass es verstärkter internationaler Zusammenarbeit bedarf – auch wenn das angesichts von Grenzschließungen und nationalen Alleingängen bei der Pandemiebekämpfung paradox erscheint. Nicht nur Corona bleibt eine grenzüberschreitende Herausforderung, deren Überwindung allein durch die Gewährleistung internationaler wissenschaftlicher Kooperation erreicht werden kann. Auch im Fall des Klimawandels oder anderer Grand Challenges der Menschheit haben nur gemeinsame Lösungsansätze Aussicht auf Erfolg.

Aus der Globalgeschichte wissen wir, dass neben sozio-kulturellen Faktoren vor allem Bildung, Wissenschaft, Technologie und Innovation für das Wohlergehen erfolgreicher Gesellschaften verantwortlich sind. Die Pandemie hat uns zusätzlich vor Augen geführt, was innovative und resiliente Gesellschaften auszeichnet, wie auf akute Bedrohungen reagiert werden muss und welche Anforderungen damit verbunden sind. Doch nur wenn diesen Einsichten nun konsequente und rasche Taten folgen, besteht die Hoffnung, die anstehenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern.


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