05/2024 News mittlere Spalte Wirtschaft
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Leadership: Strategien zum Erfolg

Führungskräfte wie Mitarbeitende bringen ihre eigenen Einstellungen und Glaubensgrundsätze mit – und diese bestimmen ihren Zugang zur Macht. Das hat wesentliche Auswirkungen auf den jeweiligen Führungsstil. Wie führe ich also respektvoll, wertschätzend und damit erfolgreich?

von: Mag. Judith Pölzl

Krieg in Europa, Hungerkrisen, Umweltkatastrophen und andere Hiobsbotschaften beherrschen die Schlagzeilen und schüren ein Gefühl der Angst und Unsicherheit. Doch die Krisen enden nicht an den Grenzen der Weltpolitik. Und wer denkt, dass die Lösung solcher Spannungen nur den politischen Eliten vorbehalten ist, irrt gewaltig. In Wahrheit lauern die gefährlichsten Konfliktherde oft direkt vor unserer Nase – auch in unserem privaten Umfeld und in Unternehmen brodelt es ständig.

Spannungen und Konflikte sind allgegenwärtig und sie fordern Führungskräfte heraus, weit mehr als nur ihre fachlichen Fähigkeiten einzusetzen. Ihre innere Haltung, Lebensphilosophie und Überzeugungen werden zum entscheidenden Faktor dafür, ob sie Konflikte meistern oder daran scheitern.

Spiegelbild von Einstellungen und Glaubensgrundsätzen

Konflikte am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit – sie sind allgegenwärtig – und oft genauso unausweichlich wie das tägliche Meeting. Jeder spürt es, doch nur wenige sprechen es offen aus: Der Schlüssel zur Lösung liegt im Führungsverhalten der Vorgesetzten. Ihre Herangehens-weise bestimmt, ob Spannungen überhaupt entstehen, ob sie eskalieren oder konstruktiv gelöst werden.

Das Führungsverhalten ist ein Spiegelbild der tief verwurzelten Einstellungen und Glaubensgrundsätze, die im Charakter der Führungskraft verankert sind. Moralische und ethische Werte sowie die Grundeinstellung gegenüber anderen Menschen spielen dabei eine entscheidende Rolle. In der Praxis begegnen sich hier, unter einer Vielzahl von Führungsstilen und ihren Mischformen, zwei gegensätzliche Extreme: der kooperative und der autoritäre Führungsstil. Doch zwischen diesen beiden Polen gibt es einen entscheidenden Faktor, der die Dynamik am Arbeitsplatz maßgeblich prägt: der Umgang mit der Macht. Denn nur wer die Macht verantwortungsvoll nutzt, schafft eine Atmosphäre des Respekts und der Zusammenarbeit, die für das Wohlbefinden der Mit-arbeiter und den Erfolg des Unternehmens unerlässlich sind – die Konzepte von „overpower/under-power“ und „personal power“ spielen dabei eine zentrale Rolle.

Toxische Effekte von Machtkonzepten

Bei Menschen, die im „overpower/underpower“-Modus ticken, sind Machtverhältnisse häufig von einer klaren Hierarchie geprägt. Im „overpower“-Modus strebt man danach, sich in eine dominante Position zu bringen, um andere zu kontrollieren und sie in eine untergeordnete Rolle zu drängen und dort zu halten. Dies kann durch Manipulation, Isolation, Abwertung, das Erzeugen von Angst und Schuldgefühlen oder durch Zwang, Drohungen und Druck geschehen. Die Führungskraft versucht hier, ihre Macht zu maximieren, indem sie ihre Mitarbeiter unterdrückt.

Wo Übermacht herrscht, findet sich zwangsläufig Ohnmacht auf der anderen Seite. „overpower“ steht dabei „underpower“ als Gegenpol gegenüber. Im „underpower“-Modus befindet sich eine Person in einer unterdrückten und untergeordneten Position, in der sie wenig Einfluss und Kontrolle über ihre Situation hat, was zu einem Gefühl der Machtlosigkeit führt. Dieses Gefühl kann unterschiedliche Reaktionen hervorrufen, abhängig von der Persönlichkeitsstruktur sowie der Intensität der Unterdrückung und den verfügbaren Möglichkeiten. Die betroffene Person könnte entweder versuchen, sich gegen die übergeordnete Autorität aufzulehnen und selbst Macht zu erlangen oder sie fügt sich aus taktischen Gründen vorübergehend oder aufgrund von Resignation und Hoffnungslosigkeit dauerhaft in ihre untergeordnete Rolle.

In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass Personen, die früher selbst unterdrückt wurden und die es in eine Machtposition schaffen, oft noch brutaler und despotischer mit ihren Mitarbeitern umgehen, als sie es jemals selbst erlebt haben. Statt aus dem erlittenen Unrecht zu lernen und mit Empathie und Menschlichkeit zu führen, neigen sie dazu, noch tyrannischer zu agieren als ihre früheren Vorgesetzten.

Kultur des wechselseitigen Respekts

Im krassen Gegensatz dazu steht „Personal Power“ für einen ausgewogenen und respektvollen Umgang mit Macht. Führungskräfte, die diese Form der Macht nutzen, handeln auf Augenhöhe. Sie verspüren keinen Drang, andere zu beherrschen, lassen sich aber selbst auch nicht dominieren. Sie schaffen eine Kultur des wechselseitigen Respekts, in der Mitarbeiter Unterstützung erfahren und aktiv zur Zusammenarbeit beitragen. Macht dient hier nicht der Kontrolle, sondern wird als Instrument gesehen, um Eigenverantwortung zu stärken und gemeinsame Ziele zu erreichen.

Es ist daher wenig überraschend, dass die Einstellung zur Macht eng mit dem Führungsstil verknüpft ist. So findet man den kooperativen Führungsstil häufig bei Personen, die in ihrer „personal power“ agieren, während autoritäre Führungspersonen eher das Konzept des „overpower“ verinnerlicht haben.

Kooperativer Führungsstil: Ideal oder Illusion?

Auf den ersten Blick erscheint der kooperative Führungsstil wie ein leuchtendes Ideal, da er auf der Überzeugung basiert, dass Menschen in einem Umfeld von Respekt, Vertrauen und Mitbestimmung ihr volles Potenzial entfalten können. Dieser Stil basiert auf dem Glaubensgrundsatz der Führungsperson, dass Menschen grundsätzlich leistungsfähig und leistungswillig sind – eine Annahme, die eng mit der sogenannten „Theorie Y“ von Douglas McGregor verknüpft ist.

McGregor‘s Theorie geht davon aus, dass das Führungsverhalten einer Führungskraft von ihrem Menschenbild abhängig ist. Wer kooperativ führt, hat demnach ein positives Menschenbild. Diese Führungskräfte sind der Ansicht, dass Arbeit Menschen motivieren und begeistern kann. Menschen können sich mit Zielen identifizieren und verfolgen diese selbständig. Demnach suchen Menschen grundsätzlich die Herausforderung, können sich weiterentwickeln und Verantwortung übernehmen. Die innere Haltung dieser Führungskräfte ist tendenziell geprägt von Vertrauen, Respekt, Teamgeist und emotionaler Anteilnahme.

Eine kooperative Führungskraft vertraut somit auf die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit der Mitarbeiter und ist bestrebt, die den Mitarbeitern innewohnende, intrinsische Motivation aufrechtzuerhalten. Ein kooperativer Vorgesetzter sieht sich demnach nicht als Herrscher, sondern als Partner. Er setzt auf Respekt und Zusammenarbeit. Er glaubt an die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter, lässt ihnen Freiraum und fördert ihre Autonomie.

Der autoritäre Führungsstil: Disziplin oder Despotismus?

Auf der anderen Seite des Spektrums steht der autoritäre Führungsstil – ein Ansatz, der in vielen traditionellen Unternehmen nach wie vor weit verbreitet ist. Dieser Führungsstil ist eng verbunden mit dem Menschenbild, welches Douglas McGregor in seiner „Theorie X“ beschreibt. Autoritäre Führungskräfte glauben, dass Menschen von Natur aus faul sind und kaum Eigenantrieb zur Arbeit haben. Es ist daher erforderlich, diese ständig zu belohnen oder zu bestrafen, damit sie ihre Leistung erbringen. Intrinsische Motivation ist für diese Führungskräfte ein Fremdwort. Vielmehr setzen sie auf das Anwenden von extrinsischen Motivationstaktiken wie Angst, Druck, Zwang, Abwertung und emotionale Erpressung. Das Verhalten des Vorgesetzten seinen Mitarbeitern gegenüber ist oft gekennzeichnet von Misstrauen, Verachtung und emotionaler Distanz.

Autoritäre Chefs setzen auf klare Hierarchien und strikte Kontrolle. Sie sehen sich selbst in einer klaren „overpower“-Position. Sie haben die Macht. Sie sagen, wo es langgeht. Ihre Autorität wird nicht hinterfragt, sondern befolgt. In einem solchen Umfeld sind Statussymbole wie teure Autos, luxuriöse Uhren und exklusive Hobbys an der Tagesordnung. Sie dienen dazu, den Unterschied zwischen Führungskräften und Mitarbeiter:innen zu betonen und die Macht und den Erfolg des Vorgesetzten zu demonstrieren. Das Machtsymbol soll als Abschreckung dienen. Macht wird oft genutzt, um eine klare Distanz zwischen Führungskraft und Mitarbeiter:innen zu schaffen. Das dadurch gezielt herbeigeführte Gefühl der Minderwertigkeit, Abhängigkeit und Unterlegenheit soll die Mitarbeiter in der „underpower“-Position halten.

Explosive Macht-Konstellationen

Gute Voraussetzungen für eine effek-tive Zusammenarbeit bestehen, wenn Menschen mit ähnlichen Zugängen zur Macht miteinander interagieren. Menschen mit einer Haltung von „over-/underpower“ bevorzugen oft Strukturen, die ihre eigene Vorstellung von Macht widerspiegeln. Sie fühlen sich meist in autoritären Systemen wohl, die eine klare Hierarchie abbilden. Im Gegensatz dazu integrieren sich Menschen, die eine „personal-power“-Machtorientierung haben, leichter in Umgebungen, in denen Kooperation und respektvoller Umgang mit Macht gefördert werden.

Theoretisch wäre also alles in Ordnung, wenn jeder in seiner eigenen Machtblase bliebe. Doch die Realität sieht anders aus. Abgesehen davon, dass sich die meisten weder des eigenen noch des fremden Machtverständnisses bewusst sind, treffen in der Praxis „overpower/underpower“-Typen und „personal power“-Typen in ein und demselben Unternehmen aufeinander. Ganz gleich in welcher Konstellation, ob als Mit-arbeiter oder Vorgesetzter, diese Kombination birgt immer Sprengstoff in sich. Und spätestens hier beginnt das wahre Drama.

Wenn der Arbeitsplatz zum Schlachtfeld wird

Was passiert beispielsweise, wenn ein kooperativer im „personal power“ agierender Vorgesetzter auf einen Mitarbeiter im „overpower“-Modus trifft? Oder wenn ein autoritärer Chef auf einen Mitarbeiter stößt, der eigenständig denkt und sich nicht unterdrücken lässt? In solchen Fällen wird der Arbeitsplatz schnell zum Schlachtfeld.

Der Mitarbeiter, der in einer „overpower“-Position agiert, interpretiert das kooperative Verhalten seines Vorgesetzten als Dummheit oder Schwäche und wird versuchen, es auszunutzen. Empathie wird mit Gutmütigkeit gleichgesetzt und als Einladung zum Ausbau der eigenen Machtposition verstanden. Der Typus „overpower“-Mitarbeiter wird versuchen, den Vorgesetzten auszubooten, um seine eigene Position zu stärken oder gleich selbst das Ruder zu übernehmen. Die Taktiken sind hierbei vielfältig und können von verdeckten Operationen gegen den Vorgesetzten bis hin zu offener Konfrontation und Diffamierung reichen. Solche Situationen sind dazu geneigt, den kooperativen Vorgesetzten zu überfordern. Einerseits lehnt er es ab, die Übergriffe des Mitarbeiters mit den Werkzeugen der autoritären Macht abzuwehren. Andererseits wird er aber feststellen müssen, dass seine Bemühungen um einen offenen Dialog und eine respektvolle Zusammenarbeit ins Leere laufen.

Auf der anderen Seite wird ein Chef vom Typus „overpower“ immer versuchen, seine Mitarbeiter nach unten zu drücken und zu unterwerfen. Der Mitarbeiter vom Typus „personal power“ wird sich nicht beherrschen lassen wollen und sich zur Wehr setzen. Da der „overpower“-Vorgesetzte in der besseren Position ist, werden die Abwehrversuche des Mitarbeiters wohl nicht den gewünschten Erfolg bringen. Der ständige Kampf aus einer unterlegenen Position um Wertschätzung, Selbstbestimmtheit und Autonomie wird den Mitarbeiter zunehmend erschöpfen und zermürben. Langfristig kann dies entweder zu einer inneren Resignation führen, bei der der Mitarbeiter abstumpft und sich seinem Schicksal ergibt, oder er entscheidet sich für den Widerstand, indem er sich gegen den Vorgesetzten stellt oder schließlich das Unternehmen verlässt.

Ein Arbeitsplatz, an dem ständig um Machtpositionen gekämpft wird, verwandelt sich schnell in ein toxisches Umfeld, das von Misstrauen, Unsicherheit und gegenseitigem Belauern geprägt ist. Langfristig leidet nicht nur die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, sondern auch das gesamte Betriebsklima. Dies beeinträchtigt letztendlich die Produktivität und untergräbt die gesamte Unternehmenskultur.

Die richtige Balance

Inmitten dieser Machtspiele träumen viele von der „perfekten“ Führungskraft – einer Person, die in ihrer „personal power“ agiert und sowohl kooperativ als auch durchsetzungsstark ist. Eine Führungsperson, die empathisch zuhört, aber auch klare Ansagen macht, die Respekt genießt, aber keine Angst verbreitet. Doch wie realistisch ist dieser Traum?

Die Realität zeigt, dass es kaum eine Führungsperson gibt, die alle diese Eigenschaften in sich vereint. Jeder Führungsstil hat seine eigenen Stärken und Schwächen und welche davon zum Tragen kommen, hängt nicht zuletzt von den individuellen Persönlichkeiten und der spezifischen Unternehmenskultur ab. Doch entscheidend ist, wie die Führungskraft mit den verschiedenen Machtkonstellationen umgeht und ob sie in der Lage ist, diese zu erkennen und bewusst zu gestalten.

Eine Führungskraft, die ihre „personal power“ effektiv nutzt, hat die beste Ausgangsposition für Erfolg. Sie agiert selbstbewusst, ohne dabei dominierend zu wirken, und kann die Machtbalance innerhalb ihres Teams geschickt steuern.

Dies setzt jedoch eine ausgeprägte emotionale Intelligenz voraus sowie die Fähigkeit, die Machtbedürfnisse und Machtkonstellationen im Team zu verstehen. Ebenso wichtig ist es, die eigenen Machtansprüche zu erkennen und bei Bedarf gezielt einzu-setzen, um ein harmonisches und produktives Arbeitsumfeld zu schaffen.

Patentrezepte gibt es nicht

In einer idealen Welt wäre die Führungskraft ein Vorbild, dem die Mitarbeiter mit Anerkennung und Respekt und nicht mit Furcht begegnen. Doch in der Praxis bleibt dieser Idealzustand oft unerreichbar. Machtspiele, persönliche Eitelkeiten und menschliche Schwächen prägen noch immer das Gefüge vieler Unternehmen. Solange solche Dynamiken das Miteinander beeinflussen, bleiben echte Harmonie und vertrauensvolle Zusammenarbeit eine Vision und Konflikte werden weiterhin unausweichlich sein.   

Ad Personam

Mag. Judith Pölzl Geschäftsführende Gesellschafterin der Timelapse Systems GmbH. in Graz. Spezialisiert auf: Baustellenzeitraffer, Baustellenmonitoring und Baustellendokumentationen.

Seit über 20 Jahren Fachhochschullektorin an der FH Burgenland (Eisenstadt und Pinkafeld), Lehrveranstaltungsschwerpunkt: Management Skills – Moderation, Kommunikation, Konfliktmanagement; Mitarbeiterführung und Motivation; Verkaufs- und Präsentationstechnik

timelapsesystems.at 


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