Eines sind Klärschlamm- oder Holzdiesel laut Gerald Weber, Forscher vom Comet KompetenzzentrumBEST – Bioenergy and Sustainable Technologies, jedenfalls nicht: E-Fuels. Denn ein E-Fuel ist per Definition ein synthetischer Kraftstoff, hergestellt aus grünem Wasserstoff. „E-Fuels sind gewiss auch wichtig für die Energiewende,“ sagt Weber, „wir stellen synthetische Kraftstoffe aber aus biogenen Reststoffen und Abfällen her, aus Holzhackgut oder Klärschlamm. Unsere Anlage funktioniert mit vielem.“
Nach dem EU-Verbot des Verbrennungsmotors für PKW ab 2035 haben E-Fuels und andere Verfahren zur Herstellung synthetischen Treibstoffs fast schon etwas „Anrüchiges“. Denn Diesel aus „Holzhackgut“ oder „Klärschlamm“ könnte als klimaneutraler Kraftstoff auch für Diesel-PKWs eingesetzt werden. Warum also den Verbrennermotor überhaupt verbieten? Die Antwort fällt, wie bei den aus grünem Wasserstoff hergestellten E-Fuels relativ einfach aus: Hätte man genug davon, wäre ihr PKW-Einsatz kein Problem. Denn Holzhackgut oder Klärschlamm gelten unter bestimmten Bedingungen als klimaneutral. Wird es in einem Wirbelschichtofen mittels heißem Wasserdampf zu Synthesegas aufgespalten und noch einmal gereinigt, kann es mittels Fischer-Tropsch-Verfahren zu Kohlewasserstoff-Ketten weiterverarbeitet werden. Zum Beispiel zu Diesel oder Wachsen.
Erste Demonstrationsanlage
Berechnungen zeigen, dass mit dieser innovativen Methode durchaus eine gewisse Menge klimafreundlichen Treibstoffs in Österreich erzeugt werden könnte. Die BEST- Bioraffinerie-Anlage in Wien-Simmering ist zwar erst eine kleine Demonstrationsanlage mit einer Leistung von nur einem Megawatt. Damit lassen sich in Versuchsreihen Mengen in der Größenordnung von einem Barrel, also gerade mal 159 Liter, pro Tag produzieren.
Wiens Klärschlamm würde aber ausreichen, um alle großen Gelenksbusse der Wiener Linien mit synthetischem und klimaneutralem Diesel zu versorgen. „Dafür müsste unsere Anlage aber vergrößert werden“, sagt Weber. Ein „upscaling“ auf 50 bis 100 Megawatt in den nächsten sieben bis zehn Jahren hält der BEST-Forscher rein technisch für durchaus realistisch.
Nachhaltiger Holzdiesel
Eine Studie zeigt weiters, dass zehn solcher Bioraffinerien, die auch mit Holz betrieben werden können, strategisch gut verteilt über das waldreiche Österreich, den Dieselbedarf der heimischen Landwirtschaft – sie verbraucht rund 350 Millionen Liter jährlich – produzieren könnte. Die Herstellungskosten für Holzhackgut-Diesel würde dabei laut Studie 1,1-1,5 Euro/Liter betragen. Hier zeigen sich aber auch die Grenzen der Bioraffinerien. Wollte man „Holzdiesel“ in rauen Mengen für alle PKW erzeugen, wäre der österreichische Wald überfordert. Denn insgesamt werden in Österreich jährlich mehr als sieben Milliarden Liter Diesel vertankt, also mehr als das 20-fache des landwirtschaftlichen Verbrauches.
Strategiekonform eingesetzt hätte „Hackgut- Diesel“ aber durchaus seine Vorzüge gegenüber seinem fossilen Pendant: Füllt man etwa eine Petroleumlampe mit fossilem Diesel und eine andere mit Holz- oder Klärschlammdiesel und betreibt sie genau gleich, was Helligkeit und Brenntempo anlangt, so wird nur die Lampe mit fossilem Diesel stark rußen. „Bei synthetischen Diesel sieht man praktisch keine Rußentwicklung“, sagt Weber. Der weitere Vorteil: Diesel aus biogenen Reststoffen hat insgesamt eine bessere Qualität, emittiert bei der Verbrennung geringere Schadstoffmengen und ist noch dazu klimaneutral. Schon mit den jetzigen Anlagen komme man auf ein CO2-Einsparungspotenzial gegenüber fossilem Diesel von 95 Prozent. „Ist die Anlage in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft eingebunden und werden alle Anlagenteile auch klimaneutral hergestellt und mit erneuerbarer Energie betrieben, so könnte man auch 100 Prozent erreichen“, sagt Weber.
Bio-Kerosin
Die Bioraffinerie-Technologie könnte aber auch zur Produktion von klimaneutralem Flugbenzin, also Bio-Kerosin, eingesetzt werden. „Das wäre ein nächster Entwicklungsschritt“, sagt Weber. Das südafrikanische Unternehmen Sasol Chemicals, das als assoziierter Partner den Katalysator für das Fischer-Tropsch-Verfahren zur Verfügung stellte, ist jedenfalls führend in das „Care-on-Sene“-Projekt („Catalyst Research on Sustainable Kerosene“) eingebunden. Das staatlich geförderte Konsortium aus deutschen und südafrikanischen Industrie- und Hochschulpartnern will die großtechnische Produktion von nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF Sustainable Aviation Fuels) beschleunigen.
Das wäre auch dringend nötig. Laut dem US Department of Energy verbraucht der internationale Flugverkehr, der für drei Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, derzeit mehr als eine Milliarde Liter Kerosin – und zwar täglich.
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