Digitale Helfer
Ein zentraler Bereich in der Wiener Wirtschafts- und Innovationsstragie ist neben der grünen Transformation der digitale Wandel samt Themen wie Künstliche Intelligenz oder Internet of Things.
Ein Musterprojekt dazu ist ein neues Wund-Monitoring-System mit KI, das in den Wiener Senecura-Häusern nun erprobt wird. Die neue Software „ScarletRed“ ist ein zertifiziertes Medizinprodukt und bietet eine sehr hohe Bilddatenqualität. Um dies zu erreichen, werden die digitalen Aufnahmen KI-unterstützt und automatisiert kalibriert. So können Veränderungen der Wunden objektiver beurteilt werden, um notwendige Maßnahmen einzuleiten. Aktuell arbeitet Wien Digital mit der Firma ScarletRed auch an einer Smartphone-basierten Lösung als Telemedizin-Lösung für das Wund-Monitoring. Ziel ist es, den Heilungsverlauf der Wunden mit einem simplen „Tap“ auf dem Smartphone festzuhalten: Mit jeder Wunde wird ein personalisierter Datenstreifen mitfotografiert. Auf Basis der darauf enthaltenen Daten wird eine vollautomatische Kalibrierung der Bildwerte sowie der automatische Import in die Krankengeschichte ermöglicht. Schon bewährt hat sich der von Wien Digital eingesetzte SmartCOPDtrainer der Firma alysis, der COPD-Erkrankte bei Übungen und Fragen unterstützt, sowie Daten verschlüsselt an die behandelnden Ärzt*innen in der Klink überträgt, um etwa zu klären, ob eine Kontrolle oder stationärer Aufenthalt erforderlich sei.
Niederösterreichs FTI-Schwerpunkte
In Niederösterreich sorgt im Bereich Spitzenforschung das längst weltweit renommierte Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg immer wieder für Aufsehen. Eines der jüngsten Projekte ist etwa „Das Schmieden mit Bakterien“. Hier werden mit der Energie von
schwimmenden Bakterien Lego-ähnliche Bausteine aus weichen Materialien „geschmiedet“. Mittels Bakterienbädern könnten künftig unkonventionelle Materialien hergestellt werden.
Aber auch sonst passiert in Niederösterreich, das heuer sein 100-jähriges Jubiläum feiert, sehr viel. So hat das Land Niederösterreich jüngst in seiner FTI-Strategie neue Forschungsschwerpunkte fixiert. Dabei stehen die Themen Klima, Gesundheit und Citizen Science im Zentrum. Hier will man sich international stärker verankern. Als Berater konnte der renommierte Forscher und Genetiker Markus Hengstschläger gewonnen werden. Weniger Gießkanne, mehr zielgerichtete Förderung lautet nun das Motto. Als Mittel dienen gezielt kompetitive Fördercalls. „Diese kompetitiven Fördercalls sind so etwas wie ein Wettbewerb um die besten Ideen. So können wir nicht nur von Schwerpunkten sprechen, sondern gezielt Projekte fördern, welche Niederösterreich voranbringen“, erklärt LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf. Seit der neuen Legislaturperiode ist er für die Bereich Wissenschaft und Forschung zuständig und will besonders Niederösterreich zum „Magnet für Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher aus aller Welt“ machen.
Einen dieser Calls gab es schon 2022 zum Thema Umwelt, Klima und Ressourcen. Damit konnten sieben neue Forschungsprojekte mit insgesamt 2,1 Millionen Euro gefördert werden, die sich u. a. mit neuartiger Batterien-Technologie zur Speicherung erneuerbarer Energie, molekularer Umweltdiagnostik, Holzforschung oder auch sehr regional mit dem Einfluss des Klimawandels auf Mikroalgen in Waldviertler Fischteichen auseinandersetzten. Für heuer stehen bis zu 8,5 Millionen Euro für neue Fördercalls zur Verfügung. Eingereicht wurden schon 27 Forschungsprojekte in den Bereichen Digitalisierung, intelligente Produktion und Materialien. Sechs dieser Projekte werden ausgewählt.
Citizen Science
Erstmals gibt es seit Juni 2023 auch einen Fördercall zu Citizen Science. „Wir wollen Wissenschaft und Forschung für die Bevölkerung erlebbar machen und sie daran beteiligen, indem sie etwa selber Daten sammeln, Beobachtungen melden oder bei Auswertungen mithelfen“, so Pernkopf, der dadurch auch neue Impulse für die Forschung erwartet. Projekte können bis zum 29. September auf dem Portal der Gesellschaft für Forschungsförderung (GFF) Niederösterreich eingereicht werden, 1,8 Millionen Euro Fördervolumen stehen für diesen Call zur Verfügung. Ein Call zu wissenschaftlichen Infrastrukturen im Bereich Gesundheit und Ernährung läuft ebenfalls und im Herbst folgen Ausschreibungen für Projekte im Bereich der angewandten Forschung sowie für Dissertationen.
Gut vernetzt
In Niederösterreich wird besonders in den Clustern der ecoplus viel F&E betrieben. Neben dem „Bau.Energie. Umwelt Cluster“, „Lebensmittel Cluster“, „Kunststoff-Cluster“, „Mechatronik-Cluster“ sowie der 2010 ins Leben gerufene „Initiative EMI – Energie Mobilität Innovation“ gibt es seit
2021 als übergreifendes High-Tech-Angebot Plattformen zu den Querschnittsthemen Bioökonomie und Gesundheitstechnologie. Da ist keine Cluster-Mitgliedschaft erforderlich. Die Wirtschaftsagentur ecoplus ist auch für die 16 Wirtschaftsparks, regionale Förderungen und auch die Technopole und Technologie- und Forschungszentren (TFZ) in Krems, Tulln, Wiener Neustadt, Wieselburg und Seibersdorf verantwortlich, die als Plattformen für Know-how-Transfer und für die Wissensverbreitung dienen. Weiters wird die regionale und internationale Zusammenarbeit
forciert. Dazu kommt noch der xista science park, ein 2019 gestartetes Kooperationsprojekt zwischen ecoplus und ISTA. Er bietet für technologie- und forschungsorientierte innovative Unternehmen Labs und vieles mehr. Interessant ist das Angebot besonders für Unternehmen, die in den am IST Austria angebotenen Fachrichtungen auf den Gebieten der Biologie, Neurowissenschaften, Computerwissenschaften, Physik, Chemie und Mathematik, tätig sind.
Klebstoffland Niederösterreich
Ein spannendes Beispiel aus Niederösterreichs Forschungslandschaft ist das überbetriebliche Kooperationsprojekt BioSet des Kunststoff-Cluster. Hier wurde in vierjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit eine biologische Alternative zu den aktuell großteils fossilbasierten Klebstoffen entwickelt. Wenig bekannt ist, dass rund 15 Prozent der in der EU jährlich rund sechs Millionen Tonnen produzierten Klebstoffe aus Niederösterreich stammen.
Bio-Klebstoffe für die Industrie sind heute ein großes Thema, weshalb ein Prozess entwickelt wurde, um aus Kartoffel-, Mais- oder auch Weizenstärke biobasierte, umweltfreundliche Klebstoffe zu erzeugen. Mit an Bord des Forschungsprojektes waren das IFA Tulln der BOKU, das Kompetenzzentrum Holz (Wood K plus) und die TU Wien. Unternehmenspartner waren Metadynea Austria, Murexin, AGRANA und der Papierhersteller Sappi. Das Projekt Bio-Set hat bislang viele Erkenntnisse auf Grundlagenniveau und darüberhinausgehend gebracht. Nun soll in Folgeprojekten weiter am industriellen Einsatz von Bio-Klebstoffen gearbeitet werden.