Der Osten Österreichs hat sich längst einen Namen als internationales Zentrum für Wissenschaft, Forschung und Innovation gemacht. Der rasche Aufstieg der „Innovativen Region Ost“ in den letzten Jahrzehnten hat besonders mit dem konsequenten Ausbau der Forschungsinfrastruktur, der Bildungseinrichtungen, Wirtschafsstärke und auch mit der Lebensqualität zu tun. In Studien landet Wien im globalen Städteranking in Sachen Lebensqualität regelmäßig in den höchsten Rängen. Die Vielfalt an innovativen Forschungsbereichen in Ostösterreich ist sehr groß. In der Corona-Krise rückte besonders die Biotech- und Medizinforschung ins Rampenlicht. Das Vienna BioCenter, das Forschungseinrichtungen wie das Institut für Molekulare Pathologie, die Max Perutz Labs der Uni Wien und der Meduni Wien, das Institut für of Molekulare Biotechnology sowie 21 Biotech-Unternehmen beheimatet, ist so eine Erfolgsgeschichte, die es jüngst zu globalem Ansehen etwa in der Corona-Forschung gebracht hat. Heute arbeiten rund 1.900 Leute im Vienna BioCenter.
Für nicht weniger Aufsehen sorgte ein bislang kaum bekanntes Unternehmen in Klosterneuburg namens Polymun. Es wurde 1992 als Spin-off der BOKU Wien von Professor Hermann Katinger gegründet und ist ein auf Lipide spezialisiertes Forschungsunternehmen, mit denen beispielsweise die Wirkstoffe für RNA-Impfstoffe „eingepackt“ werden. Für reichlich Aufsehen sorgte im September 2020 der Besuch von Albert Bourla, CEO des Pharmakonzerns Pfizer, und BioNTech- Chef Ugur Sahin bei Polymun. Es ging um eine weitreichende Kooperation und die Prüfung der möglichen Produktionskapazitäten für den ersten erfolgreichen Covid-19-Impfstoff der Welt. Es lief alles zu aller Zufriedenheit.
Innovatives in Wien
Wie wichtig Grundlagenforschung, eine gute Forschungsinfrastruktur und innovative Forscher*innen sind, hat sich gerade in der Pandemie gezeigt. So hatten sich gleich zu Beginn 20 Forschungsinstitutionen mit über 200 Wissenschaftler*innen in Wien zur Vienna COVID-19 Diagnostics Initiative (VCDI) zusammengeschlossen, um dringend benötigte Testkapazitäten aufzubauen und neue Hoch-Durchsatz-Tests zu entwickeln. Viele diese Initiativen wurden im Rahmen des Covid-19 Rapid Response Call des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) und der Bundesregierung gefördert. Der WWTF ist Wiens zentrale Einrichtung für Forschungsförderungen, die als privat-gemeinnützige Förderorganisation thematische Programme festlegt. Dazu zählen aktuell etwa Informationsund Kommunikationstechnologie, Life Sciences oder Umweltsystemforschung. Im Zeitraum 2003 bis 2019 wurden 234 Forschungsprojekte mit einer Gesamtsumme von etwa 126 Mio. Euro gefördert sowie weitere 26 Projekte im Schwerpunkt Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften unterstützt. Viel investiert wurde im Vorjahr bedingt durch die Pandemie, besonders in Life Science, Biotechnologie und Digitalisierung. In Wien gibt es zahlreiche weitere bundesweite Forschungseinrichtungen in vielen Disziplinen, ob Medizin, Digitalisierung, Smart City, Quantentechnologie oder Sozialwissenschaften.
So auch Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung, das AIT Austrian Institute of Technology, an dem in Summe österreichweit rund 1.400 Mitarbeiter*innen forschen. In Wien betreibt das AIT einige bedeutende Forschungslabors etwa für Energie, Batterien, Smart Cities oder Photonics & Quantum Communication. Als Partner für die Wirtschaft wird vor allem an Infrastrukturtechnologien in den Bereichen Energy, Low-Emission Transport, Health & Bioresources, Digital Safety & Security, Vision, Automation & Control und Technology Experience sowie Innovation Systems & Policies geforscht. Zugleich wird wissenschaftlicher Nachwuchs im eigenen Doktoratsprogramm ausgebildet sowie mit dem Principal Scientist Programm exzellente Persönlichkeiten nach Österreich geholt bzw. in Österreich gehalten. Dadurch wird die Realisierung exzellenter Flagship-Projekte sowie die internationale Vernetzung gefördert. In Wien sind auch die Headquarter und Forschungseinrichtungen vieler großer Konzerne und zahlreiche sehr forschungsstarke Unternehmen angesiedelt. Ob etwa die forschende Pharmaindustrie, Biotech-Unternehmen, medizintechnische Spezialisten oder führende Technologiespezialisten wie Siemens Österreich, Frequentis, Kapsch, Wienerberger, RHI oder das auf autonome Fahren spezialisierte Softwareunternehmen TTTech.
Humane Digitalisierung
Wien ist mit rund 6.200 ITK-Betrieben mit 56.000 Beschäftigten und einer Bruttowertschöpfung von 6,6 Mrd. Euro sowie einem Umsatz von rund 20,6 Mrd. Euro im Jahr auch das IKT-Zentrum Österreichs. Besonders in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Virtual Reality, IT-Security oder Open Government Data laufen international beachtete Projekte. Ein Forschungsschwerpunkt, der mit 3,6 Millionen Euro mit einem WWTF Call im Jahr 2020 gefördert wird, ist der digitale Humanismus. Neun stark interdisziplinär geprägte Forschungsprojekte beschäftigen sich etwa mit toxischer Sprache oder Emotionen und Fehlinformationen in Sozialen Netzwerken, Fragen der Demokratiepolitik oder dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Pflege. Zwei Projekte werden vom Land Niederösterreich kofinanziert. Mit dabei sind der Complexity Science Hub, die TU Wien und die MODUL Universität Wien. „Wien soll Digitalisierungshauptstadt werden und braucht dazu Forschung auf höchstem Niveau. Für uns steht im Vordergrund, dass der Weg der Digitalisierung von zivilisiertem Dialog, inklusiver Entwicklung, rechtsstaatlichen Prinzipien und Schutz der Schwächeren getragen ist,“ erklärt dazu Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler. Der Stadt Wien ist aber auch die breite Wissensvermittlung sehr wichtig. Zur Berühmtheit haben es dabei etwa die hochkäratigen „Wiener Vorlesungen“ gebracht, die es über 30 Jahre gibt und auf denen die neuesten Erkenntnisse, Ideen und Fragestellungen aus Wissenschaft und Forschung präsentiert und diskutiert werden. „Dank“ der Pandemie sind sie nun auch nachträglich jederzeit abrufbar.
Smart City
Wien zählt mit großen Smart-City-Projekten wie z. B. in der Seestadt Aspern, wo bis vor Kurzem etwa ein autonomer Bus getestet wurde, zu einer weltweit führenden Region in diesem Forschungsbereich. Aspern Smart City Research, ein Joint Venture, das 2013 von Siemens Österreich, Wien Energie, Wiener Netze und der Stadt Wien gegründet wurde, gilt als Europas größtes Energieforschungsprojekt im Bereich „smarter Technologien“. In der Forschungsgesellschaft arbeiten rund 100 Forschende an energieeffizienten Gebäuden, neuen Energiesystemen, smarten Stromnetzen, intelligenten Ladesystemen und Speicherlösungen und einigem mehr. Es wurden dabei schon über 60 Forschungsfragen beantwortet, 15 prototypische Lösungen in den Bereichen intelligente Gebäude und Netzinfrastruktur entwickelt und elf Patente anmeldet. Aktuell wird an 17 „Use Cases“ geforscht, um zu zeigen, wie die Smart City künftig aussehen wird.