AI: Silicon Austria Labs ist ein noch junges Spitzenforschungszentrum für elektronikbasierte Systeme, das Ende 2018 gegründet wurde. Was wurde schon alles erreicht?
Gerald Murauer: Wir sind nun im vierten Jahr und haben mittlerweile schon 250 Leute. Wichtig zu erwähnen ist, dass rund die Hälfte der Forscherinnen und Forscher außerhalb von Österreich kommt. Die SAL bringt also einen Braingain in eine Industrie und einen Forschungszweig, für den es in Österreich noch viel zu wenige qualifizierte Leute gibt. Im Jahr 2021 lag unser Projektvolumen mit externen Partnern bei über 20 Millionen Euro. Der Umsatz ist gegenüber dem Vorjahr um 55 Prozent gestiegen und die kooperativen Forschungsprojekte mit der Industrie haben sich mehr als verdoppelt. Wir befinden uns also auf einem ständigen Wachstumspfad.
AI: Wie viele Partner hat SAL schon?
Murauer: Wir haben über 50 Industriepartner, mit denen wir zusammenarbeiten. Zehn davon sind regelmäßige Partner, mit denen wir den Großteil des Umsatzes erzielen. Und es gibt natürlich die wissenschaftlichen Partner. Wir arbeiten mit über einem Dutzend Universitäten, Fachhochschulen und anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammen. Sowohl in den Projekten als auch in den eigenen SAL Uni Labs, die der angewandten Grundlagenforschung dienen.
AI: Wie viele Standorte gibt es?
Murauer: Wir haben drei Standorte in Graz, Villach und Linz, in denen wir an fünf Leuchtturmthemen forschen. Die Mikrosystemtechnik, also die SAL Leuchttürme „More than Moore“ und Photonik, ist in Villach verankert, in Graz ist die Leistungselektronik und der Bereich „Dependable EBS“ und in Linz 6G sowie RF beheimatet. In Linz wurden kürzlich unsere neuen Büroflächen im JKU Science Park 4 eröffnet, wo nun das gesamte Linzer Team im gleichen Stockwerk arbeitet.
AI: Wie funktioniert das Kooperationsmodell der SAL?
Murauer: Wir forschen mit Industriepartnern gemeinsam an aktuellen Themen und teilen uns die Kosten fifty-fifty. Im Unterschied zur Auftragsforschung werden die kooperativen Forschungsprojekte langfristiger angelegt. Sie dauern in der Regel ein bis zu vier Jahren. Bei uns liegt der Schnitt ziemlich genau bei zwei Jahren. Damit können beim Industriepartner wesentliche Produktinnovationen hervorgebracht werden. Beispiele dazu sind etwa die Tiny Power Box, ein On-Board-Charger für E-Autos, oder die neuen Piezo-Mikro-Spiegel-Module für dynamische Lichtfunktionen.
AI: Wie lassen sich Partner für Forschungsprojekte gewinnen?
Murauer: In der Forschung ist das Vertrauen sehr wichtig. Die Partner müssen im Projekt ihre Roadmaps öffnen. Deshalb müssen sich die Partner gut kennen und das funktioniert am besten über konkrete Projekte. Neue Partner gewinnt man beispielsweise gut über Roadshows, die wir gerade wieder durchführen. Da können wir direkt vor Ort zeigen, wo wir unsere Kompetenzen haben und wo wir was gemeinsam tun können. Dazu veranstalten wir etwa auch World Cafés. Ein weiteres wichtiges Mittel sind schließlich die konkreten Workshops. Da entstehen auch schon Projektideen, die wir zugleich auf unsere Website stellen. So können neue Partner hinzustoßen. Während der Pandemie haben diese Veranstaltungen natürlich etwas gelitten. Hier hatten wir uns in den ersten zwei Quartalen sehr schwergetan, neue Partner zu gewinnen. Dann lief es wieder gut. Wenn schon Vertrauen mit Industriepartnern besteht, kann man natürlich auch über Online-Konferenzen über neue Projekte reden.