Für Martin Gerzabek, den Präsidenten der Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG), ist das Jahr 2020 ein besonderes – und das nicht erst seit dem Ausbruch der Corona-Krise: Die CDG besteht seit dem Jahr 1988, war damals ein Konzerninstrument der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) und sollte die Einrichtung von Forschungseinheiten zur Grundlagenforschung forcieren. Im Fokus standen damals ÖIAG-Themen. 1995 wurde dann – Stichwort: Jubiläumsjahr 2020 – eine Neuaufstellung der CDG vollzogen, die nun allen österreichischen Unternehmen offensteht und konkrete Fragestellungen der Wirtschaft auf hohem Niveau bearbeitet. Gleichzeitig erfolgte die Übernahme in die Zuständigkeit des Wirtschaftsressorts, heute Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW). „Seither ist die CDG ein Modell, das die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft im Bereich der anwendungsorientierten Grundlagenforschung unterstützt und von Unternehmen und der öffentlichen Hand gemeinsam finanziert wird“, freut sich Gerzabek. Das hat breite Wirkung, auch über Österreich hinaus: Eine aktuelle Studie von Elsevier (siehe Grafik) zeigt, dass die Arbeiten der CD-Labors in der Begründung von Innovationen eine zentrale Rolle spielen – etwa dann, wenn es um Zitierungen im Rahmen von Patenten geht. „Als verhältnismäßig kleine Forschungseinheit liegen wir damit im Vergleich zu anderen, deutlich größeren Institutionen sehr gut“, freut sich Gerzabek. Jüngst eröffnete CD-Labors könnten wesentliche Entwicklungsschritte erzielen und die Forschungen in ihren Segmenten auf neues Niveau heben.
Auf der Suche nach neuen Wirkstoffen
An der Medizin Uni Innsbruck konzentriert sich das CD-Labor für Eisen- und Phosphatbiologie unter Leitung des Gastroenterologen und Hepatologen Heinz Zoller auf das im Knochen produzierte Peptidhormon FGF23 (Fibroblasten-Wachstumsfaktor-23): Dieses kontrolliert die Konzentration von Phosphat im Blut. Steigt die Phosphat-Konzentration im Blut, kommt es zum Anstieg von FGF23 und zur vermehrten Ausscheidung von Phosphat über den Urin. „Auch Eisenmangel – die häufigste Ursache für eine Anämie in Mittel- und Westeuropa – erhöht die Bildung von FGF23, das bei Eisenmangel jedoch sofort gespalten wird. Weil Eisenmangelanämien aber häufig mit intravenösem Eisen behandelt werden und manche dieser Eisenpräparate die Spaltung des FGF23 unterbinden, gelangt FGF23 ins Plasma und senkt damit den Phosphatspiegel“, erklärt Zoller. Das Risiko, nach bestimmten Eisenpräparaten eine Hypophosphatämie zu erleiden, scheint hauptsächlich von den speziellen Eigenschaften des spezifischen Arzneimittels bestimmt zu werden. Gemeinsam mit dem Industriepartner Pharmacosmos A/S zielt Zoller darauf ab, potenzielle neuartige Wirkstoffe für seltene Stoffwechselerkrankungen, für die Knochengesundheit und gegen Knochenmetastasen zu identifizieren.