Verdichteter Wohnbau, genug Flächen zur Erholung, möglichst nachhaltige Bauweise und smarte Infrastruktur. Neue Stadtentwicklungsgebiete sollen all dies erfüllen. Einiges wurde bei älteren Planungen, wie der Seestadt Aspern, deren Ursprünge im Jahr 2003 liegen, vielleicht zu wenig bedacht. Etwa die zunehmende Hitze oder das Thema Bodenversiegelung durch Asphalt und Co. Die Umsetzung des vom schwedischen Ausschreibungssieger Tovatt Architects & Planners erstellten Masterplans wurde 2007 vom Wiener Gemeinderat beschlossen. Nach einigen weiteren Planungsergänzungen erfolgte die erste Bauphase von 2009 bis 2017 inklusive des F&E-Parks und des Innovationsquartier. Nach dem U-Bahn-Anschluss im Oktober 2013 zogen 2014 die ersten Bewohner*innen ein.
Langsame Begrünung
Einge der ersten Generation an Bewohner*innen hatte sich das Musterprojekt mit See und immerhin 1.200 Bäumen wohl etwas anders vorgestellt als in den Verkaufsfoldern präsentiert. Bäume müssen viele Jahre wachsen, bis sie Grün und den kühlenden Schatten spenden können und für ein grüneres Lebensgefühl sorgen. In den heißen Sommermonaten gab und gibt es deshalb regelmäßig Kritik wegen der drückenden Hitze. Die Seestadt ist trotz mancher Planungsfehler unbestritten ein Vorzeigeprojekt, mit dem ein altes Flugfeld und Industrieareal in einen künftig ziemlich begrünten Stadtteil verwandelt wird. Die etwas abgelegene Lage wird durch die gute öffentliche Verkehrsanbindung mit U- und S-Bahn ausgeglichen. Das kulturelle Leben entwickelt sich langsam. Die Seestadt ist auch erst am Beginn. 2028 soll das Projekt auf einem Areal von rund 240 Hektar abgeschlossen sein und bis 2030 rund 25.000 Menschen einen Wohnplatz und 20.000 einen Arbeitsplatz verschaffen. Die Seestadt ist ein lebendiges Projekt, das öfter auch Beteiligungsmöglichkeiten für die Bewohner*innen bietet. So wurde wegen der unerträglichen Hitze an manchen Plätzen im Vorjahr eine „Begrünungsoffensive“ für die Seestadt von der Stadt Wien gestartet, um Hitzeinseln zu entschärfen. Die Diskussionen über grundsätzliche Planungsfehler reißen freilich nicht ab. Mittlerweile haben sich auch Initiativen wie etwa „seeSTADTGRÜN“ gegründet, ein gemeinnütziger Verein, der Straßen und den öffentlichen Raum begrünt. Schon 2.410 Pflanzen wurden gesetzt und die Stadt Wien dazu bewogen, einige hundert Quadratmeter Asphalt zu entsiegeln.
Spielwiese für die Forschung
Zugleich ist die Seestadt eine gefundene Spielweise für die Forschung. Die Aspern Smart City Research (ASCR), Europas größtes Energieforschungsprojekt, betreibt hier seit 2013 Anwendungsforschung. Die Forschungsgesellschaft ist ein Joint Venture von Siemens Österreich, Wien Energie, Wiener Netze und der Stadt Wien (Wirtschaftagentur Wien, Wien 3420 Holding) mit über 100 Forschenden. Hier können Nutzerverhalten, Energieverbräuche und Co. beobachtet werden. Die großen Datenmengen ermöglichen, Gebäude, Energiesysteme und Infrastruktur zu optimieren. Es geht um einen allumfassenden Smart City-Ansatz. Gebäude sind Energieverbraucher als auch Energieerzeuger. Mikronetze, smarte Ladestationen und Co. bilden dank intelligenter Stromnetze hocheffiziente Gesamtsysteme. Alles kommuniziert miteinander, sorgt für mehr Effizienz und so auch für mehr Nachhaltigkeit. Alle Gebäude werden von der ersten Planungsphase über den Betrieb bis zu einer möglichen Neunutzung oder Abriss mittels Building Information Modelling (BIM) erfasst und digitale Gebäudezwillinge sorgen für höchste Effizienz. Auch im Bereich Wärme gibt es einige spannende Projekte, wie etwa die Nutzung von Garagenluft zur Beheizung von 213 Wohneinheiten.