Wo welchen Akkus sprechen wir eigentlich genau?
Derzeit geht es um NMC-Zellen. Diese Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Oxid-Zellen stecken in praktisch allen Elektroautos, weisen eine Spannung von 3,6 bis 3,7 Volt auf und haben gerade für die Anwendung in Fahrzeugen mehrere Vorteile: Sie sind im vergleichsweise günstig herzustellen, können in ihrer Zusammensetzung vielfach variiert werden und weisen eine sehr niedrige Selbsterhitzung auf, sogar bei Schnellladevorgängen.
Ist ein Autoakku gleich ein Autoakku?
Nein. NMC-Zellen müssen und können auf ihren Verwendungszweck gezielt hinoptimiert werden. Die grundsätzliche Frage lautet nämlich, ob die Zellen eine hohe Energie- oder Leistungsdichte aufweisen sollen. Bei Ersterem geht es vereinfacht gesagt um eine möglichst lange Energieabgabe, bei Zweiterem um eine möglichst hohe. Das geht natürlich im Falle eines Autos auf die Reichweite, dafür sind tolle Beschleunigungswerte zu erzielen. Jedes Modell braucht also seinen speziellen Batterietyp, und das drückt natürlich gewaltig auf die Kosten, da hier kein allgemein verwendbares Standardmodell gebaut werden kann.
Wie werden diese Zell-Eigenschaften erreicht?
Das hängt von der Beschichtung der Elektroden ab. Je dünner diese aufgetragen werden, desto mehr verschiebt sich das Verhältnis von der Energie- in Richtung Leistungsdichte. Dazu kommen natürlich noch Unterschiede in der Zellchemie, wobei die Forschung hier noch andere Gesichtspunkte verfolgt. Zum Beispiel die Umweltverträglichkeit, da viele verwendeten Stoffe ja toxisch sind.
Wie kann die Umweltbilanz eines Akkus verbessert werden?
Indem man bestimmte Stoffe durch harmlosere ersetzt. Derzeit ist zum Beispiel nicht das viel kritisierte Lithium der Hauptübeltäter, sondern Kobalt: Rund die Hälfte der weltweiten Vorkommen liegen im Boden des Kongo. Die Katanga-Region ist übersät mit kleinen Minen, wo unter katastrophalen Bedingungen das wertvolle Metall, ohne dem kein wiederaufladbarer Akku derzeit auskommt, abgebaut wird.
Ist Lithium aus Südamerika wirklich so minderwertig?
Nein. Das Problem mit diesem Metall ist immer nur die Art und Weise, wie es abgebaut wird. Lithium kommt immer nur in gebundener Form vor, muss also immer zuerst verarbeitet werden. Das geschieht im sogenannten Lithium-Dreieck zwischen Bolivien, Chile und Argentinien meist direkt am Abbauort, indem der Rohstoff mit riesigen Wassermengen einfach ausgespült wird.
Wie löst man dieses Problem?
Indem der Spülvorgang in speziell dafür entwickelten Anlagen passiert, und nicht mitten im Boden. Der Abbau von Lithium ist dermaßen lukrativ, dass sogar in Österreich eine Mine nur dafür betrieben wird.
Geht der Vorrat an Lithium wirkliclh zur Neige?
Ja, aber nicht so bald. Derzeit gibt es noch genügend Rohstoff für die Zellproduktion für die nächsten 50 bis 100 Jahre, spätestens dann muss man sich ernsthafte Gedanken über eine Alternative machen.
Warum ist Lithium so unersetzlich?
Weil es derzeit keine realistische Alternative gibt. Lithium gilt als das reaktionsfreudigste Metall, hat den größtmöglichen Spannungsunterschied zwischen Ionen (Li+) und Elementarform (Li) im Vergleich zu einer Wasserstoffelektrode.
Gibt es schon jetzt Alternativen?
Keine ernstzunehmenden. Aber es wird gleich an mehreren Varianten geforscht. Natrium aus Ausgangsbasis ist ebenso Teil der Bestrebungen wie auch Magnesium oder ein Akku, der nur nach dem Metall-Luft-Prinzip funktioniert. Doch gerade dieser existiert derzeit nur auf dem Papier.
Woran scheitert es vor allem beim Metall-Luft-Akku?
Es benötigt dafür ein sehr komplexes System aus Filtern, Pumpen und ähnlichen Elementen. Dazu kommt, dass die Verwendung von reinem Sauerstoff deutlich besser wäre als die ganze normale Luft. Das würde die Angelegenheit noch einmal verkomplizieren.
Steckt noch Potenzial im Lithium?
Geforscht wird vor allem an den Elektrolyt-Materialien. Die Leistungsfähigkeit hängt stark von diesem Material ab, das zwischen den Elektroden sitzt und durch das die Ionen wandern müssen. Das AIT geht davon aus, dass noch man rund 20 Prozent an Effizienz aus Li-Akkus quetschen kann. Auch durch ein verfeinertes Packdesign und einen verbesserten Modulbau.
Was sind die Vorteile von einem Feststoff-Akku?
Er ist wesentlich ungefährlicher. Wenn Akkus aufgrund eines Kurzschluss zu brennen anfangen, liegt das am flüssigen Elektrolyt. Abseits des Sicherheitsaspekts besitzen diese Batterietypen eine höhere Energie- und Leistungsdichte, doch der derzeitige Entwicklungsstand ist noch lange nicht am Ziel angekommen: Ionen bewegen sich grundsätzlich nun einmal langsamer durch ein festes Material als durch ein flüssiges, bei der Leistungsdichte ist man also noch lange nicht auf dem Niveau heute üblicher Akkus. Es erfordert also nach wie vor einer Grundlagenforschung.
Was sind die Herausforderungen in der Materialforschung?
Man weiß nie, wie gut ein neues Material wirklich ist. Oft verlieren diese während der Weiterverarbeitung einen Teil ihrer Eigenschaften. Vom Ausgangspulver bis zur Verarbeitung zu einer Zelle 50 Prozent. Fixfertig zu einem Akkupack verarbeitet, noch einmal 50 Prozent. Oft bleibt vom Potenzial im Endeffekt also nur 25 Prozent übrig.
Wie lange halten aktuelle Akkus?
Rund sieben bis acht Jahre. Wobei: Sie sind dann nicht völlig am Ende. Sie gelten als verschlissen, wenn sie nur mehr 70 bis 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität aufweisen. Viele Hersteller bauen ihre Batterien daher bewusst etwas größer als angegeben, statten sie etwa mit 60 statt der offiziellen 50 kWh aus, damit im Garantiezeitraum auch ja nichts passiert.
Kann man die Lebensdauer eines Akkus nicht exakt bestimmen?
Das würde nur gehen, wenn man ihn sieben bis acht Jahre lang testet. Mit Simulationen ist nur eine Schätzung mit einer Abweichung von gut zehn Prozent möglich.
Was passiert mit den Akkus nach dem Einsatz im Auto?
Die beste Lösung ist, sie in einem zweiten Leben stationär als Pufferbatterien für weitere zehn bis 15 Jahre einzusetzen. Die unterschiedlichen Bauweisen der Hersteller macht diese Idee derzeit aber nur schwer umsetzbar.
Können Batterien recycelt werden?
Ja, aber nicht komplett. Derzeit verwertet man nur Nickel und Cobalt, in weiterer Folge auch Kupfer und die Elektronik. Ausgerechnet das Lithium aber nicht, da es immer nur als Verbundstoff vorkommt, zuerst also mühsam herausgefiltert werden müsste.
Warum filtert niemand Lithium aus alten Akkus??
Es würde sich zum einen derzeit einfach nicht lohnen. Zum anderen müsste auf jedem Akku dafür vermerkt sein, welche Stoffe genau in ihm stecken. Hier gibt es aber jede Menge Betriebsgeheimnisse, weswegen das kein Hersteller macht. An die Recyclingrate des guten alten Blei-Akkus von 97 Prozent wird man bei Lithium-Akkus also noch sehr sehr lange nicht heran kommen.
Wie kann man diese Recycling-Problematik lösen?
Das ist eine politische Frage. Man müsste sich industriell zusammenschließen, sich auf einheitliche Module und einheitliche Anschlüsse einigen. Aber dann würde es schnell zu Kompatibilitätsproblemen kommen. Dass alle also gemeinsam an einem Strang ziehen, wird wohl eher nie passieren.