Von Norbert Regitnig-Tillian
Ein Billigflug nach Mallorca, eine Fernreise nach Bali oder ein Städteflug nach London – endlich! Wer sich schon auf postpandemische Flugreisen freut, den kann gleich auch wieder das schlechte Gewissen ereilen: Flugzeugturbinen emittieren viel CO2 und als Vielund Langstreckenflieger kann man schnell zu einem „Klimasünder“ mutieren. „Stay grounded“ ist daher der Schlachtruf von Umweltschutz- NGOs.
Flugaskese ist für Viele allerdings nicht die prickelndste Alternative. Für die Luftfahrt, die für 2,5 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist, ist terrestrisches Reisen ohnehin immer die zweitbeste Lösung. Sie kreiert daher klimafreundliche Angebote: Mit ein paar Euro Aufpreis können Fluggäste etwa ihren CO2-Anteil durch Bäumepflanzen kompensieren lassen. Zudem haben sich Flughäfen, Turbinen- und Flugzeugbauer 2020 freiwillig auf CO2-neutrales Wachstum verpflichtet. In optimistischsten Szenarien will man bis 2050 sogar eine „zero-CO2- emission“-Luftfahrt entwickeln – durch leichtere Flieger, effizientere Turbinen – und vor allem mit „Sustainable Aviation Fuels“ (SAF), also nachhaltig hergestelltem Kerosin.
Nachhaltige Treibstoffe
Sie werden aus erneuerbaren Quellen – etwa Biomasse, Reststoffe, Wasserstoff aus Windkraft – synthetisiert und setzen bei Verbrennung nur so viel CO2 frei, wie zuvor der Atmosphäre entzogen wurde. Das Problem an dieser Vision des klimafreundlichen Fliegens ist freilich eines: Noch ist man davon weit entfernt. „Kerosin aus erneuerbaren Quellen ist teuer und noch kaum vorhanden“, sagt Doris Matschegg. Sie leitet gemeinsam mit Dina Bacovsky ein internationales Forschungsprojekt am Bioenergy und Sustainable Technology (BEST) K1-Kompetenzzentrum in Wieselburg, das die Bedingungen und Möglichkeiten für die klimafreundliche Luftfahrt durch nachhaltigen Flugtreibstoff untersucht. Die Ausgangslage: Weltweit beträgt der SAF-Anteil am Gesamtkerosinverbrauch gerade einmal 0,5 Promille und das wenige „Bio-Kerosin“ kostet drei- bis neunmal mehr als fossiles Kerosin. Im harten Preiskampf der Fluglinien, wo jeder Euro zählt, sei daher nicht davon auszugehen, dass Fluglinien freiwillig ausnahmslos Bio-Kerosin tanken werden. Zum anderen, so sagt Forscherin Bacovsky „kann sich auch jeder selbst an der Nase nehmen und sich fragen, ob er freiwillig ein paa Euro mehr pro Flug bezahlen würde.“
Für die Umsetzung einer klimafreundlichen Luftfahrt brauche es daher nicht nur freiwillige, sondern auch verpflichtende Rahmenbedingungen. Einen Schritt in diese Richtung hat die Europäische Kommission im Juli 2021 getan. In einem Vorschlag für eine neue Richtlinie („ReFuelEU Aviation“) solle alle EU-Staaten dazu verpflichtet werden, bis 2025 mindestens zwei Prozent nachhaltige Flugtreibstoffe bereitzustellen. Das klingt noch nicht nach viel. In Relation zum weltweiten Aufkommen wäre das aber schon eine
Steigerung auf das 40-fache. Hier stellen sich aber viele Fragen, etwa wie SAFStrukturen aufgebaut und bis 2050 sukzessive bis zu einem angekündigten verpflichtenden SAF Anteil von beachtlichen 63 Prozent gesteigert werden sollen. „Derzeit“, so Bacovsky, werden Details dieser Verordnung noch zwischen Kommission, Rat und Parlament diskutiert. „Es ist aber davon auszugehen, dass die Richtlinie beschlossen wird.“ Den Vorwurf, das Projekt sei eher „greenwashing“ der Luftfahrt, weil alles viel zu lange dauere und überhaupt zu spät komme, lässt Bacovsky nicht gelten: „Eine Umstellung auf nachhaltige Treibstoffe kann nicht von heute auf morgen passieren. Das muss nachhaltig geplant und umgesetzt werden.“