Wien hat sie immer griffbereit im Lager. Sido setzt darauf bei Gigs, Sturm Graz, Rapid und Austria nutzen sie. Und in Zukunft könnten sie vermehrt in Kaffeeautomaten und der Systemgastronomie auftauchen. Die Rede ist von Mehrwegbechern aus Plastik. Sie gelten als die klimafreundliche Alternative zu Einwegbechern.
„Wir werden damit alleine wohl nicht den weltweiten Temperaturanstieg stoppen. Aber wir leisten unseren Beitrag dazu“, sagt Gerhard Bertsch, Geschäftsführer der Fries Kunststofftechnik, bei einer vom Fachverband der Chemischen Industrie organisierten Exkursion. Das Vorarlberger Unternehmen ist Marktführer für Mehrwegbecher im deutschsprachigen Raum.
500-mal einsetzbar
Mehrweg-Systeme machen ökologisch jedenfalls einen schlanken Fuß. Anstatt nach kurzem Gebrauch im Müll und dann meist in der Müllverbrennung zu landen, sind die stabilen Kunststoff-Becher aus Polypropylen bis zu 500-mal wiederverwendbar. „Unsere Kunden können sie kaufen oder mieten“, sagt Bertsch. Fußballvereine schwören dabei auf den „Arena Cup“: Er hat eine eigens entwickelte Form, damit er sich nicht mehr als Wurfgeschosse eignet. Er dreht sich im Flug so, dass er sich rasch entleert.
Für die Logistik und Spülung ist die Tochterfirma Cup Concept zuständig, die bis zu 55 Millionen Becher jährlich spült. 215 Tonnen Einwegplastikbecher werden damit verhindert. Schon nach dem fünften Mehrwegbecher-Einsatz fällt die Ökobilanz positiver aus als die von Einwegbechern, sogar von solchen aus kompostierbarem Malzzucker-Plastik, analysierte die Deutsche Umwelthilfe in einer Studie. Die fein justierten Waschstraßen brauchen nur 70 Liter Frischwasser für 6.000 Becher.
„Das ist in Relation ungleich effizienter als das Spülen zu Hause“, so Bertsch. Positiv für die Ökobilanz ist auch die Wiederverwertung alter Becher. „Wir verarbeiten sie zu Eimern oder anderen einfacheren Produkten weiter.“ Das Geschäft mit Mehrweg-Systemen befindet sich seit einigen Jahren im Höhenflug. In den letzten sieben Jahren haben sich die Umsätze verdoppelt und liegen nun bei 18 Millionen Euro jährlich. Fries Kunststofftechnik kommt dabei auf 85 Prozent Marktanteil im deutschsprachigen Raum. Größere Konkurrenz gibt es nur aus Frankreich, ansonsten stehen nun viele kleine Unternehmen in den Startlöchern.
Druck von unten
Grund für die großen Wachstumsraten ist auch der „Druck von unten“. So gab es nach der Einführung von Mehrweg-Bechern in einigen Fußballstadien sogleich Petitionen von Fans anderer Clubs, es der Konkurrenz gleichzutun, erinnert sich Bertsch. Auch an Universitäten fordern immer mehr Studierende ein Mehrweg-Angebot ein. Hinzu kamen lokale und regionale Verbote. So verlangt die Stadt Wien bei Großveranstaltungen schon länger Mehrweg-Systeme und in Deutschland gilt seit Anfang des Jahres 2023 eine Mehrweg-Angebotspflicht in der Gastronomie.
„Die wird in den nächsten Jahren auch in Österreich und der Europäischen Union folgen“, weiß Bertsch. Darauf bereitet sich nun Gastronomie und Handel sukzessive vor, was das Sulzer Kunststoffunternehmen dazu veranlasste, die Produktion für Mehrweg-Geschirr kräftig auszubauen. Ein neues Werk auf 4.000 Quadratmetern Fläche soll künftig auch vermehrt Mehrweg-Bowls, -Teller, -Pommes-Schalen und -Besteck produzieren. Bertsch: „Wir rechnen mit einer weiteren Umsatzverdoppelung in den nächsten acht bis zehn Jahren.“
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