Herausforderungen für „closed-loop“
Eines der Hauptprobleme für die Entwicklung eines closed-loop-Systems für die formstabilen PET-Verpackungen liege dabei nicht unbedingt im Sammeln und Sortieren. Hier könnte das Kunststoff-Sammelsystem abgewandelt werden, etwa dass man von einer reinen PET-Flaschensammlung abrückt oder auch die automatisierte Plastikmüllsortierung durch den Einsatz von KI-gesteuerten Sensoren verfeinert. PET-Rezyklate, die wieder mit Lebensmittel in Kontakt kommen, müssen zudem hohen Sicherheitsstandards entsprechen. Derzeit werden dafür verschiedene Wäschen und Nachsortierungen getestet. „Schwierigkeiten bereitet eher das Design vieler Verpackungen“, so Pfitzner. Lebensmittelverpackungen bestehen oft aus Verbundmaterialien, die aus mehreren Schichten verschiedener Kunststoffsorten bestehen. Sie sollen die Haltbarkeit der Lebensmittel verlängern. Eingesetzt werden etwa Multi-Layer-Folien, bei denen zum Beispiel Polyethylen (PE) als Feuchtigkeits- und Polyamid 6 (PA6) als Sauerstoffbarriere dienen. Mehrcompound-Verpackungen, etwa Getränkekartons, weisen neben Kunststoff mehr oder weniger hohe Anteile an Aluminium und Papier auf. Probleme fürs Recyceln bereiten auch Banderolen oder aufgeschrumpfte Folien, beziehungsweise Verbundstoffe aus Kunststoff mit Holz oder Kohlefasern. Ähnlich komplex können auch Fleischverpackungen aufgebaut sein. „Die bestehen zum Teil aus bis zu zehn Schichten. Das ist ein Problem“, sagt Pfitzner, „denn recyceln lassen sich bis dato nur sortenreine Kunststoffe.“
Chemisches Recycling
Zwar gibt es bereits Ansätze, mit denen
Verbundstoffe chemisch recycelt werden könnten. So experimentiert etwa das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Dresden mit Lösungsmitteln, die Verbundmaterialien in die Einzelkunststoffe zerlegen, ohne dass diese ihre Materialeigenschaften verlieren. 2016 wurde zudem ein plastikfressendes Bakterium entdeckt, das durch spezielle Enzyme Polyethylenterephthalat (PET) in seine Grundbestandteile Ethylenglykol und Terephthalsäure aufspalten kann. Daraus ließe sich wieder hochwertiges PET synthetisieren. Doch von einem Einsatz im Großmaßstab sind solche und ähnliche Verfahren des chemischen Recyclings noch weit entfernt.
ÖKO-Design
Das Ziel einer Kunststoff-Kreislaufwirtschaft wird, so der an der FH Campus lehrende Experte für nachhaltiges Ressourcenmanagement, Werner Frühwirth, daher nicht allein durch Mülltrennung und verbessertes Recycling erreicht werden können. „Öko-Design“ ist dafür das Stichwort. „Gerade bei Verpackungen muss schon in der Entwicklung und Produktion viel mehr in Hinblick auf die Wiederverwertbarkeit designt werden“, betont Frühwirth. Das könnte etwa bedeuten, das Multilayer-Kunststoffe durch Monolayer ersetzt werden. „Mitunter ist das aber eine Herausforderung. Denn mit Monolayers muss zumindest die gleiche Schutzfähigkeit des verpackten Gutes wie mit Multilayern erreicht werden“, so der Experte. Im Sinne einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft müsse aber überhaupt über die Notwendigkeit von Verpackungen nachgedacht wird. Suppengemüse oder Obst muss nicht in PET-Schalen angeboten werden. An der Frisch-theke im Supermarkt kann auch in selbst mitgebrachte (Plastik-)Dosen abgefüllt werden.
EU-Plastiksteuer
Durch das europäische Kreislaufwirtschaftspaket, das eine Recycling-Quote von Verpackungsmaterial bis 2025 von 50 Prozent und bis 2030 von 55 Prozent vorsieht, ist die Branche gefordert. Laut EU-Vorgaben müssen in Österreich ab 2024 Mehrweggebinde vom Lebensmittelhandel wieder verbindlich angeboten und ab 2025 wird für PET-Flaschen ein Einwegpfand eingeführt. Das soll deren Recyclingquote von derzeit 75 Prozent noch deutlich erhöhen.
Damit die Mitgliedsländer die neuen Recyclingziele auch hurtig steigern, hat die Europäische Union bereits eine „Plastiksteuer“ eingeführt. Für jedes Kilogramm Plastik aus Verpackungsmüll, das nicht recycelt wird, werden seit Jänner 2021 80 Cent eingehoben. Da in Österreich jährlich 300.000 Tonnen Kunststoffverpackungsmüll anfallen, davon insgesamt aber nur 25 Prozent recycelt werden, mussten bis Ende September 2022 bereits 315 Millionen Euro an Plastiksteuer an die EU bezahlt werden, rechnet Greenpeace vor. Davon hätte man gleich mehrere Mehrweg- und Abfüllsysteme bauen können.