Leistungen und Talente werden wohl noch häufiger nicht gesehen oder anerkannt werden – ganz besonders, wenn es sich um Frauen handelt. Das galt lange auch für -Gerty Cori, die im Team mit ihrem Mann Carl und Bernardo Houssay den Kohlenhydrat-Stoffwechsel im Muskel erforschte und so wesentlich zu bahnbrechenden Erkenntnissen -eines zentralen Mechanismus des Zellstoffwechsels beitrug.
Gerty Theresa stammte wie ihr späterer Mann Carl aus einer altösterreichischen jüdischen Familie in Prag. Sie wurde im Jahr 1896 als älteste der drei Töchter von Martha und Otto Radnitz, dem Leiter einer Zuckerfa-brik, geboren. Dank der Unterstützung durch ihre Familie wurde sie im Jahr 1914 als eine von wenigen Frauen an der Universität in Prag (damals noch Österreich-Ungarn) zugelassen; hier lernte sie auch ihren späteren Mann Carl Cori kennen. Nach der Heirat ging das Forscher-Ehepaar nach Wien, wo Gerty im Karolinen-Kinderspital als Assistenzärztin tätig war und zur Rolle der Schilddrüse bei der Regulation der Körpertemperatur forschte. 1922 verließ das Paar Wien, um nach Amerika auszuwandern.
Schwierige Bedingungen für Gerty
Die quirlige Gerty hatte es in den USA ungleich schwerer als der eher ruhige Carl: Während ihr Mann immer wieder Stellen erhielt, wurde Gerty mit uninteressanten Positionen abgespeist. Das ging so weit, dass Carl eine Professur angeboten wurde unter der Bedingung, seine Arbeit mit Gerty zu beenden. Dass er ablehnte, lässt die Verbundenheit der beiden erahnen.
In der Zeit am heutigen Roswell Park Cancer Institute spezialisierte sich das Paar auf die Verstoffwechselung von Glukose im menschlichen Körper; im Jahr 1929 präsentierten die beiden ihre Theorie des sogenannten Cori-Zyklus. Für diese Leistung erhielten die Coris im Jahr 1947 den Nobelpreis. Der Cori-Zyklus beruht auf der Erkenntnis, dass nicht oxidierte Milchsäure aus dem Muskel ins Blut diffundiert, in der Folge zur Leber transportiert und dort schließlich in Glycogen umgewandelt wird.
Anerkennung: der Cori-Zyklus
Damit war Gerty Cori die erste Frau, die mit einem Nobelpreis für Medizin/Physiologie ausgezeichnet wurde. Noch im selben Jahr erhielt sie eine Professur für Biochemie, ein Jahr später wurde sie in die National Academy of Sciences und in die American Philosophical Society aufgenommen.
Gerty wurde überdies Anerkennung in Form der Garvan-Olin-Medaille für besondere Leistungen von Wissenschaftlerinnen in der Chemie zuteil. Nach ihrem Tod wurde diese Anerkennung bis ins Weltall ausgeweitet: 1979 wurde ein Mondkrater der südlichen Mondhemisphäre als „Mondkrater Cori“ nach ihr benannt sowie 1979 ein Venuskrater der nördlichen Venushemisphäre als „Venuskrater Cori“. Der Asteroid (6175) Cori erhielt seinen Namen nach dem berühmten Ehepaar.
Auch die Benennung des Glykogenose Typ III als sogenannte Cori-Krankheit erinnert an Gerty und ihren Mann. Sie selbst bekam im Jahr 1948 die Diagnose Myelofibrose, eine seltene Erkrankung des Knochenmarks. Ihr Fleiß war dennoch ungebrochen – bis zu ihrem Tod am 26. Oktober 1957 mit nur 61 Jahren arbeitete sie unermüdlich weiter, -unter anderem an der Erforschung von Glykogenspeicherkrankheiten.
Wunder des menschlichen Geistes
Einige Worte aus Gertys Mund bringen den Trost, den sie aus ihrer Leidenschaft für die Forschung gewonnen haben muss, deutlich auf den Punkt. „Ich glaube, dass die Wunder des menschlichen Geistes in Kunst und Wissenschaft zum Ausdruck kommen, und ich sehe zwischen beiden keinen Konflikt“, sagte die Erfinderin Gerty Cori in der Radio-Serie „Daran glaube ich“ von Edward E. Murrow. Und weiter: „Die Versenkung in die großen menschlichen Leistungen aller Epochen hilft mir in Zeiten der Verzweiflung und des Zweifels. Menschliche Gemeinheit und Verblendung scheinen dann nicht mehr so wichtig. Ehrlichkeit, vor allem intellektuelle Integrität, Mut und Freundlichkeit sind noch immer die Tugenden, die ich bewundere; mit zunehmendem Alter hat sich allerdings die Gewichtung ein bisschen verlagert – Freundlichkeit scheint mir heute wichtiger als in meiner Jugend. Die Liebe zu meiner Arbeit und die Hingabe an sie sind für mich die Grundlage des Glücks.“