Am Nachmittag des abschließenden 4GAMECHANGERS Days widmete sich Europas größtes Innovations- und Digitalisierungsfestival nachhaltigen Entwicklungszielen und neuen Strategien des politischen Handelns. Nicht nur wurden im Rahmen des Panels „The Power of Cooperation – Brückenbau zwischen Europa & Afrika“ die vielschichtigen Beziehungen zwischen den beiden Kontinenten beleuchtet – auch ging die Diskussionsrunde „Wachstum war gestern, braucht es jetzt ein Gesundschrumpfen?“ der Reduzierung des Rohstoffverbrauchs als Lösung für Ausbeutung und Ungleichheit auf den Grund.
The Power of Cooperation: Brückenbau zwischen Europa und Afrika
Dieses Panel beleuchtet die vielschichtigen Beziehungen zwischen der EU und Afrika, von politischer Kooperation bis hin zu wirtschaftlicher Entwicklung sowie den aktuellen Stand der Beziehungen und deren Auswirkungen auf globale Krisen. Leyla Hussein (Psychotherapeutin, Aktivistin), Zondwa Mandela (Mandela Legacy), Birgit Weyss (Austrian Development Agency) und Roheyatou Lowe (Politikerin, erste Bürgermeisterin Banjul) sprechen über die Fragen wie Europa und Afrika ihre Partnerschaft stärken können, um Herausforderungen zu meistern.
Die Austrian Development Agency steht vorrangig für Friedenssicherung und Umweltschutz. Mit diversen Regionalprogrammen wird afrikanischen Schwerpunktländern bei Themen wie Wasser-Ressourcenmanagement oder Frauenrechten geholfen.
„85 Prozent der österreichischen Entwicklungsarbeit muss der Geschlechtergleichstellung gewidmet sein. Wir befolgen strenge Richtlinien und eine Risikoanalyse bei der Auswahl der Organisationen, um sicherzustellen, dass die Förderungen bei der richtigen Grassroot Organisation ankommen, die lokal verankert ist und die Subförderungen verteilt. Die geförderten Projekte werden vor Ort geprüft“, erklärt Weyss.
Mit „The Girl Generation” hat Hussein ein Projekt gegründet, bei dem afrikanischen Mädchen und Frauen geholfen und insbesondere gegen weibliche Genitalverstümmelung (FGM) gekämpft wird. Statistisch gesehen sind weibliche afrikanische Neugeborene die meist gefährdetsten Kinder weltweit.
„Es ist schwierig von einem Afrika zu sprechen, nachdem es aus 55 Staaten besteht, die darüber hinaus verschiedenen Regierungssystemen von Demokratie über Diktatur bis zur Militärdiktatur unterstehen. Der Kolonialismus wirkt bis heute nach und es gibt keine demokratische Tradition in Afrika. Wir müssen Afrika besser verstehen lernen“, sagt Schausberger.
Als große Gefahr sieht er das Buhlen um Afrika zwischen China und Russland. China investiert und baut, die Wagner-Gruppe ist mittlerweile zu einem eigenen Afrika-Chor geworden, der jede Militärdiktatur unterstützt, und beide Staaten interessieren sich weder für Menschen- oder Frauenrechte noch Demokratie.
„Frauen in Afrika müssen gestärkt werden. Ich bin die einzig weibliche Bürgermeisterin in ganz Afrika. Die lokalen Regierungen versuchen schon lange gegen illegale Migration vorzugehen. Die jungen aus Afrika fliehenden Menschen werden misshandelt und haben keine Zukunftsperspektiven im eigenen Land. Der Schlüssel zum Erfolg in Afrika ist Female Empowerment!“, ist Lowe überzeugt.
Die 17 SDGs sind ein globaler Consens, der alle Länder weltweit verbindet und darin bestärkt, diese Ziele zu verfolgen. Das wird in Zukunft die nachhaltige Lösung zum Erfolg sein.
Wachstum war gestern, braucht es jetzt ein Gesundschrumpfen?
Das Streben nach wirtschaftlichem Aufschwung hat lange Zeit als Garant für ein besseres Leben für alle gegolten. Doch dieser Ansatz hat seinen Preis: Ein stetig steigender Energieverbrauch, die übermäßige Nutzung natürlicher Ressourcen sowie wachsende globale Ungleichheit. Während die EU zur Lösung dieser Problematik auf grünes Wachstum setzt, plädiert die im Rahmen des 4GAMECHANGERS Day-Fireside Chat „Wachstum war gestern, braucht es jetzt ein Gesundschrumpfen?“ besprochene Degrowth-Bewegung für eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschaft und eine bewusste Verlangsamung des Wachstums.
Elisabeth Zehetner-Piewald (oéculation) machte sich stark für Planungssicherheit und betonte die Bedeutung von Wirtschaftswachstum für die Finanzierung sozialer Zwecke. Hikmet Ersek (VOYA.NYSE) warnte im Zuge der Diskussion davor, dass der Begriff „Degrowth“ Unternehmen abschrecken könnte und plädierte stattdessen für einen pragmatischeren Ansatz im Umgang mit dem Klimawandel.
„Die Frage ist und bleibt, wie wir aus weniger mehr machen können. Vor allem in Hinblick darauf, dass wir in Zukunft zehn Milliarden Menschen ernähren müssen“, so Zehetner-Piewald. Halliki Kreinin (RIFS) entgegnete dem, dass Degrowth keineswegs als Krise, sondern als geplante Schrumpfung der Wirtschaft verstanden werden sollte. Ulrich Brand (Universität Wien) unterstrich darüber hinaus die Dringlichkeit, Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen in den Mittelpunkt zu rücken, anstatt dem Zwang zum Wachstum bedingungslos zu folgen. Während der Politikwissenschaftler den Hype um E-Autos als problematisch empfindet, wies Barbara Schmidt darauf hin, dass Elektroautos im Vergleich zu Verbrennungsmotoren eine weit effizientere Alternative darstellen.
„Letztes Jahr wurde in Österreich so viel erneuerbare Energie wie noch nie zuvor produziert. Allerdings: es wurde auch so viel fossile Energie wie noch nie zuvor produziert“, erläutert Brand. „Zehn Milliarden Euro pro Jahr kostet es Österreich, fossile Energien zu importieren. Der Preis, den Stromsektor bis 2030 erneuerbar zu machen, liegt hingegen bei 60 Milliarden – wer soll das bezahlen?“, hält Schmidt entgegen.
Um die österreichischen Klimaziele zu schaffen, brauche es Regularien die halten und nicht nach der nächsten Wahl wieder geändert werden. Zudem müsse Platz für Innovation und den Markt bleiben, fasst die Generalsekretärin von Österreichs E-Wirtschaft zusammen.
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