Ab Dienstag findet eine erstklassig besetzte wissenschaftliche Tagung in den Räumlichkeiten des Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie (IMP) am Vienna Biocenter statt.
Die vom IMP und der European Molecular Biology Organization (EMBO) gemeinsam ausgerichtete Tagung bringt die weltweit führenden Forscherinnen und Forscher zum Thema chromosomale Proteine der SMC-Familie nach Wien, um erstmals den wissenschaftlichen Diskussionsbogen zu diesem Thema von Fragestellungen aus der reinen Grundlagenforschung bis hin zu möglichen klinischen Therapieansätzen für Erkrankungen beim Menschen zu spannen.
SMC-Proteine erfüllen grundlegende Aufgaben bei der Organisation von Chromosomen. Sie finden sich in allen Zellen - von einfachen Bakterien bis hin zum Menschen. Zu Komplexen verbunden, sind sie an zahlreichen wesentlichen Lebensvorgängen beteiligt: von der Zellteilung über DNA-Reparaturvorgänge bis hin zur Genregulation.
Wie grundlegend SMC Proteine für alle Lebewesen sind, lässt sich daran ablesen, dass ihre Funktionsweise in einfachen Organismen wie der Hefe sich grundsätzlich nicht von jener im Menschen unterscheidet. Diese Universalität belegt die Bedeutung der SMC Proteine. Fehlerhafte SMC-Proteine haben daher auch weitreichende Konsequenzen. Sie werden mit Entwicklungsstörungen in Zusammenhang gebracht und finden sich auch bei verschiedenen Formen von Krebs. Im Detail zu verstehen, wie SMC-Proteine Vorgänge auf chromosomaler Ebene steuern, kann somit das Tor für neue, unerwartete Therapieansätze aufstoßen.
So genannte SMC-Komplexe - das Akronym "SMC" steht für "Structural Maintenance of Chromosomes" ("strukturelle Instandhaltung von Chromosomen") - wurden vor etwa 20 Jahren erstmals entdeckt und in ihrer Funktion wissenschaftlich beschrieben. Maßgebliche Arbeiten in der Pionierphase der SMC-Forschung wurden in Wien am IMP unter anderem durch Forschungspersönlichkeiten wie Kim Nasmyth, wissenschaftlicher Leiter des IMP in den Jahren 1997 bis 2006, und Wittgenstein-Preisträger des Jahres 1999 geleistet, der gemeinsam mit seinem amerikanischen Kollegen Doug Koshland einen Hauptvertreter dieser Proteinfamilie, das Kohäsin, in der Bäckerhefe entdeckte. Jan-Michael Peters, wissenschaftlicher Direktor des IMP seit 2013 und Wittgenstein-Preisträger des Jahres 2011, hat am IMP seit vielen Jahren die Funktionsweise des Kohäsin in menschlichen Zellen erforscht. Nicht zuletzt diese konsequent vorangetriebenen wissenschaftlichen Arbeiten machen das IMP zum idealen Treffpunkt der führenden Forschungspersönlichkeiten aus der gesamten Welt. Die Anmeldelisten für die Teilnahme am EMBO-Workshop "SMC Proteins" waren innerhalb kürzester Zeit restlos ausgebucht. Es werden rund 140 Forscherinnen und Forscher von Neuseeland bis Kanada aus insgesamt 20 Ländern zum EMBO-Workshop in Wien erwartet. Mit diesem Workshop ist auch das Ziel verbunden, stärker auf das enorme Potenzial dieses Forschungsfeldes für völlig neue Therapieansätze basierend auf Chromosomen-Biologie hinzuweisen.
Neben Kim Nasmyth, Professor für Biochemie an der Universität Oxford, werden weitere Top-Forscher wie etwa Doug Koshland (University of California, Berkeley), Mitsuhiro Yanagida (Okinawa Institute of Science and Technology) Frank Uhlmann (Crick Institute, London), Jan Löwe (MRC Lab of Molecular Biology, Cambridge), David Sherratt (Department of Biochemistry, Universität Oxford), Barbara Meyer (Berkeley), oder Yoshinori Watanabe und Katsu Shirahige (Universität Tokyo) sowie Xiaolan Zhao (Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York) und Tatsuya Hirano (RIKEN Institute, Japan) in Wien erwartet.
Während des viertägigen EMBO-Workshops wird es für Medienvertreter die Möglichkeit geben, mit ausgewählten Forschungspersönlichkeiten Gesprächstermine zu vereinbaren. Ansprechpersonen für Interviewanfragen am IMP sind Heidemarie Hurtl und Stefan Bernhardt (siehe Rückfragehinweise).
IMP:
Das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie betreibt in Wien biomedizinische Grundlagenforschung. Hauptsponsor ist der internationale Unternehmensverband Boehringer Ingelheim. Mehr als 200 Forscherinnen und Forscher aus über 35 Nationen widmen sich am IMP der Aufklärung grundlegender molekularer und zellulärer Vorgänge, um komplexe biologische Phänomene im Detail zu verstehen. Die bearbeiteten Themen umfassen die Gebiete der Zell- und Molekularbiologie, Neurobiologie, Krankheitsentstehung sowie Bioinformatik. Das IMP ist Gründungsmitglied des Vienna Biocenter, Österreichs Leuchtturm im internationalen Konzert molekularbiologischer Top-Forschung.
EMBO:
Die "European Molecular Biology Organization" mit Sitz in Heidelberg, Deutschland, ist eine weltweit tätige Netzwerkorganisation in den Life Sciences. EMBO hat zum Ziel, exzellente Forschung in den Life Sciences zu unterstützen und zu fördern. Vorrangig dabei sind die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Förderung kommunikativer Prozesse in der Forschung, sowie dazu beizutragen, dass in Europa Forschungsinfrastruktur zur Verfügung steht, die weltweit anerkannte Top-Leistungen in den Life Sciences ermöglicht. Gegenwärtig umfasst das weltweite EMBO-Netzwerk rund 1.700 Mitglieder.