Sofortiges Handeln
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sprach im FTI-Talk besonders über die Bewältigung der Klimakrise, die eindeutig eine historische Aufgabe für diese Generation sei. Die Technologien, um die Erwärmung einzudämmen, seien schon zu 80 Prozent in der Anwendung. „Es geht also nun um das Tun“, so Gewessler. Der Green Deal der EU diene dabei als Rahmen und Ziel. In Österreich wurde schon die Förderlandschaft auf Klimaschutz ausgerichtet. Gefördert werden besonders die Bereiche Mobilitätswende, Energiewende und Kreislaufwirtschaft mit einem zusätzlichen Budget von 100 Millionen Euro. Mittlerweile ist ja auch die ökosoziale Steuerreform durch. Um den nötigen Wandel ging es dann besonders in der Plenary Session „The complexity of great green transformations“. Hier konfrontierte die Aktivistin Katharina Rogenhofer von „FridaysForFuture“ die Teilnehmenden mit dringenden Fragen zum Zustand unserer Welt. „Es wird die größte Transformation der Menschheit sein, sofern sie uns gelingt. Doch bevor wir das Richtige tun, müssen wir damit aufhören, das Falsche zu tun, wie zum Beispiel weiterhin Öl- und Gasheizungen einzubauen und Verbrennungsmotoren zu nutzen“, so Roggenhofer. Die Diskussion ging dann auf die Kreislaufwirtschaft, CO2-Besteuerung, das neue Lieferkettengesetze, erneuerbare Energien und alternative Transportsysteme ein. Klimaschutzministerin Gewessler: “Was am Ende zähle, seien die Ergebnisse, und dafür gebe es in der aktuellen Phase nur mehr genau einen Versuch.“ Rudolf Zrost vom Zementhersteller Leube ergänzte, dass wir das Klima nur dann retten können, wenn alle mitmachen – Europa als einziger Akteur reiche nicht aus.
Große Chancen
EFA-Präsident Andreas Treichl ging unter anderem auf das Thema Green Washing und Standards im Finanzwesen ein und betonte, dass die Dekarbonisierung neben dem Frieden das wichtigste Ziel sei, das wir auf der Welt haben. „Das bringt zwar Risiken mit sich, aber auch unheimliche Chancen“, so Treichl. Stefan Thurner vom Complexity Science Hub Vienna, wünschte sich, dass wir schon vor 30 oder 40 Jahren mit dem Klimaschutz begonnen hätten. „Heute stehen wir vor der großen Herausforderung, alles ungeheuer schnell machen zu müssen“, so Thurner. In der Forschung sei es nun wichtig, die vielen Ergebnisse der unterschiedlichen Zweige der Grundlagenforschung zusammenzubringen, um sie dann an den richtigen Stellen zu nutzen.
Vertieft wurden viele der Themen in den Break Out Sessions. So etwa in der von Forschung Austria gesponserten und von Siegfried Reich von Salzburg Research geleitetem Arbeitskreis „Fridays for Future and Thursdays for Research? Applied Research for `The Great Transformation’“. Welche Rolle kann also die angewandte Forschung bei der großen Transformation spielen? Da ging es auch um disruptive Innovationen und „Leapfrogging“, womit das Überspringen gewisser Technologiestufen gemeint ist. Ein Diskussionspunkt war aber auch die Sharing-Economy sowie das Öffnen von Organisationsgrenzen und Innovationsprozessen.
Europa im Wettbewerb
„Europa ist schon in vielen Bereichen gegenüber den USA und China zurückgefallen. Wir sind es den kommenden Generationen schuldig, schneller die großen Herausforderungen anzugehen“, sagte dazu der ehemalige Forschungsrat Hannes Androsch. Gerade im Bereich Dekarbonisierung könne laut Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Europa und die Industrie eine große Rolle spielen. Die Chance müsse man nutzen. Während der Pandemie wurde viel in F&E investiert. Das rechne sich nun, wie man in der wirtschaftlichen Entwicklung sehe.
Mit der Entwicklung des FTI-Systems nach der Covid-Pandemie beschäftigte sich eine hochkarätig besetzte Plenary Session, an der Detlef Günther von der ETH Zürich, Jürgen Mlynek von der Falling Walls Foundation, Helga Nowotny vom Austrian Council for Research and Technology Development, Peter Schwab von der voestalpine AG und Andrew Wee von der National University of Singapore teilnahmen. Hier ging es vor allem um die „Learnings“. Sehr gut war, dass durch die rasche Entwicklung von Covid-Impfstoffen die Wissenschaft ins Scheinwerferlicht gerückt wurde. Es hat sich vor allem gezeigt, was in kurzer Zeit möglich ist, wenn wirklich alle wollen und genug Geld da ist. Zugleich wurden die Erwartungen an die Möglichkeiten von Forschung und Wissenschaft teils zu hoch. „Wir haben zu wenig erklärt, wie Wissenschaft funktioniert. Hypothese-Gegenhypothese- Verwerfung, und das fand plötzlich in der Öffentlichkeit statt“, meinte dazu unter anderem Detlef Günther, der sich auch die Einrichtung wissenschaftlicher Gremien vorstellen kann, die permanent an Zukunftsfragen arbeiten. Das Thema Politikberatung war ein weiterer wichtiger Punkt in Alpbach. Jürgen Mlynek könnte sich hier künftig, in Anlehnung an das angelsächsische Modell, einen „Chief Scientific Advisors“ vorstellen, der direkt am Kabinettstisch sitzt, um laufend die neuen Informationen zu bewerten und Entscheidungsgrundlagen für die Politik aufzubereiten. Andrew Wee ging wiederum auf das Thema Resilienz ein. Peter Schwab, der auch der neue Aufsichtsrat des AIT ist, ging auf die Klima-krise ein, die ein weitaus komplexeres Problem als die Pandemie sei.. „Um diese in den Griff zu bekommen, sind ein x-faches an finanziellen Mitteln erforderlich“, so Schwab.