Was wäre, wenn das Klimagas Kohlendioxid schnell, einfach und ohne großen Energieaufwand in seine Bestandteile zerlegt werden könnte? Noch bevor es in die Atmosphäre gelangt? Oder gar gleich der Atmosphäre entzogen wird, um es dann in Kohlenstoff und Wasserstoff zu zerlegen? Die energieeffiziente chemische Umwandlung von CO2 zu anderen chemischen Ausgangsstoffen zählt zu den modernen „Dream Reactions“. Denn damit würde das Treibhausgas viel von seinem Schrecken verlieren, wenn es gelingt, es flächendeckend einzufangen, um es dann zu einer neuen und hochbegehrten Rohstoffquelle insbesondere für die chemische Industrie zu machen. Bislang waren Verfahren, mit denen Kohlendioxid effizient „gecrackt“ werden konnte, eher noch „brutal“.
So kennt die Chemie bereits seit rund 100 Jahren das sogenannte Sabatier-Verfahren, bei dem Kohlendioxid mit Zugabe von Wasserstoff in Methan umgewandelt wird. Der Prozess funktioniert, ist aber energieintensiv und springt erst bei hohem Druck und noch höheren Temperaturen an. Weltweit tüfteln nun Forschungsteams an Methoden, mit denen Kohlendioxid eleganter und effizienter aufgespalten und zu chemischen Rohstoffen weiterverarbeitet werden kann. Als „Carbon Capture and Utilization“-Technologie produziert es somit neue Ausgangsstoffe für die Industrie. Solche „CO2-Produkte“, wie etwa Methanol, könnten auch als Speichermedien für erneuerbare Energie dienen.
Innovatives Verfahren an der Johannes Kepler Universität
Eines der vielversprechendsten Projekte in diesem Bereich stammt aus Österreich von der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz. Dort forscht Wolfgang Schöfberger, Professor für bioorganische Chemie, am Institut für Organische Chemie schon seit fast zehn Jahren an der „Elektrokatalyse von Kohlendioxid“ und hat dabei ein Verfahren entwickelt, dass mittlerweile dem Stadium der Grundlagenforschung entwachsen ist. „Ich bin optimistisch, dass wir das Verfahren in zehn Jahren zur Industriereife bringen können“, sagt Schöfberger. Der Ansatz, den Schöfberger verfolgt, unterscheidet sich deutlich vom Sabatier-Verfahren. Anstatt Wasserstoff für die CO2-Reduktion einzusetzen, hat er mit seinem Team im „Schöfberger-Lab“ einen Weg gefunden, das Kohlendioxid mittels elektrischer Energie aufzuspalten.
Das einfache Prinzip: In einem Behälter („Zelle“) lässt Schöfberger CO2-Gas, das mit Wasserdampf (H2O) angefeuchtet wurde, über einen speziellen Metall-Katalysator strömen. Setzt man den Katalysator unter Strom, wird das Klimagas an der graphitischen Kathode (dem Minuspol des Stromkreises) zu Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H) reduziert. Dabei entsteht „Synthesegas“ (Syngas), ein Gemisch aus Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H). Der an der Anode freiwerdende Sauerstoff (O) gilt als Nebenprodukt. „Syngas lässt sich leicht weiterverarbeiten“, sagt Schöfberger, „etwa zu einfachen Alkoholen wie Methanol und Ethanol, aber auch zu Essig- oder Ameisensäure.“ All diese Stoffe gelten als Ausgangsstoffe für chemische Prozesse. Methanol könnte dabei auch als Speichermedium für erneuerbare Energie dienen.