Schienenfahrzeuge haben einen großen Vorteil gegenüber Fahrzeugen mit Gummireifen: Der Rollwiderstand ist gering, man verliert kaum Energie durch Reibung, das macht den Schienenverkehr so effizient und umweltschonend. Doch wenn man rasch bremsen möchte, dann wird genau dieser Vorteil zum Nachteil, denn dann ist möglichst hohe Reibung gefragt.
An der TU Wien soll die Bremstechnologie von Schienenfahrzeugen nun genauer untersucht und verbessert werden – in einem neuen Christian-Doppler-Labor, das kürzlich eröffnet wurde. Ermöglicht wurde das durch das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und den Industriepartner Knorr-Bremse.
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher betont die Relevanz des Forschungsgebietes: „Kürzere Bremswege bei geringerer Materialabnutzung erhöhen Pünktlichkeit und Sicherheit aller schienengebundenen Fahrzeuge, also von Eisenbahn, Straßenbahn oder U-Bahn. Gleichzeitig sinken dadurch Instandhaltungskosten sowie Ressourcen- und Energieverbrauch. Exzellente Grundlagenforschung, wie in diesem CD-Labor, ist das Fundament für zukünftige Innovationen des Schienenverkehrs. Davon profitieren nicht nur Reisende sowie Pendlerinnen und Pendler, sondern auch der Standort Österreich und die Umwelt."
Sand und Magnete
„Der Bremsweg ist bei Schienenfahrzeugen normalerweise viel länger als man das vom Auto kennt“, so Prof. Johannes Edelmann, der das neue Labor leitet, bei Nässe oder Verunreinigungen wie nassem Laub könne es zu Problemen kommen. Eine Technik, um die Bremswirkung bei Straßenbahnen oder Volleisenbahnzügen zu erhöhen, sind Sandungssysteme: Im Zug wird Sand mittransportiert, der dann bei der Bremsung direkt vor den Rädern auf den Schienen verstreut werden kann. Das sorgt für stärkere Reibung.
Außerdem sind in Schienenfahrzeugen oft Magnetschienenbremsen eingebaut. „Dabei handelt es sich um einen Metallrahmen mit Elektromagneten, der im Fahrwerk des Schienenfahrzeugs angebracht ist“, erklärt Johannes Edelmann. „Beim Bremsen werden die Elektromagnete an die Schiene gezogen und schleifen auf der Schiene.“
Bessere Bremsleistung, weniger Verschleiß, weniger Energieaufwand
Auch wenn das Grundprinzip recht einfach ist – genau herauszufinden, wie man solche Bremssysteme optimiert, ist eine wissenschaftlich höchst komplizierte Angelegenheit. „Man muss beispielsweise das dynamische Verhalten während des Bremsprozesses genau verstehen“, sagt Johannes Edelmann. „Die einzelnen Komponenten können schwingen, das kann die Bremswirkung beeinträchtigen.“ Mehrere Forschungsdisziplinen greifen hier ineinander: Die Mechanik, mit der man die Bewegung beschreiben und Reibungskräfte berechnen kann, die Elektrodynamik, mit der man das elektromagnetische Verhalten der Magnetschienenbremse analysiert, und die Tribologie, die sich mit Abnützung und Verschleiß von gegeneinander reibenden Materialien beschäftigt. Im Rahmen des Christian Doppler Labors sollen mathematische Modelle und komplexe Computersimulationen dazu entstehen. Außerdem wird man Messungen durchführen, ein eigener neuer Prüfstand soll dafür an der TU Wien errichtet werden.