Frau Bundesministerin, in Ihrem Ressort sind praktisch alle Agenden des ländlichen Raums gebündelt: von der Landwirtschaft, der heimischen Lebensmittelproduktion, der regionalen Wertschöpfung in der Forstwirtschaft und dem Bergbau bis hin zum Wirtschaftsmotor Tourismus und der Regionalpolitik. Wie schaffen Sie es, ein solch breites Themenfeld zu verwalten, aber vor allem auch weiterzuentwickeln?
Elisabeth Köstinger: Die Klammer über allem ist die Bedeutung des regionalen Raums und die weitere positive Entwicklung der Gebiete außerhalb der großen Ballungszentren. Wir sehen aktuell vor allem aufgrund der Corona-Pandemie, dass das Leben außerhalb der großen Ballungsräume aus verschiedensten Gründen an Attraktivität gewinnt: die Nähe zur Natur, die bessere Leistbarkeit von Wohnraum, hohe schulische Standards oder einfach das Gefühl, zur Ruhe zu kommen – das sind Aspekte, die für eine wachsende Bedeutung der ländlichen Regionen sprechen. Letzten Endes ist es das Zusammenspiel vieler Faktoren, das den Reiz des Lebens außerhalb der Städte ausmacht – regionale Versorgung mit Produkten der Landwirtschaft, gesunde Wälder als Quelle der Entspannung, aber auch als Wirtschaftsfaktor, sauberes Wasser, Erhalt und Schutz von Artenvielfalt und Naturlandschaften. All das sind Themen, die vielen Menschen unmittelbar sehr wichtig sind und die auch direkte Auswirkungen auf die weitere Entwicklung im touristischen Bereich haben.
Wenn die Corona-Pandemie einmal vorüber ist, werden unsere Gäste die vielen Naturschätze unseres Landes noch mehr zu schätzen lernen. Und wir haben ja in den letzten Monaten gesehen, wie bedeutend der Tourismus für unser Land ist.
AI: Nun zählen auch die Bereiche Bergbau sowie Zivildienst und Ehrenamt zu Ihren Agenden. Wo liegen hier die großen Herausforderungen?
EK: Bergbau hat in Österreich eine jahrhundertelange Tradition. Wenn wir heute von der Notwendigkeit einer Versorgungssicherheit sprechen oder auch von Autonomie in gewissen Bereichen, dann ist es nötig, sich auch konzentriert den Ressourcen zu widmen, die unser Land bietet. Unsere Gesellschaft ist nun einmal existenziell von einer funktionierenden Rohstoffversorgung abhängig – aber natürlich gepaart mit dem Wunsch nach Integrität von Natur und Umwelt. Wir sind daher bestrebt, den österreichischen Bergbau nach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit zu gestalten, gleichzeitig aber die volkswirtschaftlich beste Bereitstellung von Energieträgern und Roh-
stoffen unter Bedachtnahme auf Versorgungssicherheit, Kostengünstigkeit und Umwelt- sowie Sozialverträglichkeit zu ermöglichen.
Was den Bereich Zivildienst & Ehrenamt betrifft, so ist dies eine der wohl am meisten unterschätzten Stärken unseres Landes. Es ist ein Beleg für den großen Zusammenhalt, wenn wir bedenken, dass sich fast die Hälfte aller Österreicherinnen und Österreicher ehrenamtlich in gemeinnützigen Organisationen, Vereinen oder in der Nachbarschaftshilfe engagiert. Das ist ein wesentlicher Faktor zur Bildung von Zusammengehörigkeitsgefühl, von gelebter Integration, von Eigenverantwortung. Ich bin sehr stolz darauf, dass so viele Menschen sich unterschiedlich engagieren. Auch für den Zivildienst trifft das zu: So haben fast 15.000 junge Männer im Jahr 2019 einen Zivildienst absolviert und damit einen wichtigen Beitrag zur Leistungsfähigkeit im Rettungswesen oder in der Sozial- und Behindertenhilfe geleistet.
AI: Mit dem Inkrafttreten der Novelle zum Bundesministeriengesetz 2020 sind auch die Bereiche Breitbandausbau, Telekom und Post hinzugekommen. Welche Pläne verfolgen Sie hier konkret?
EK: Ich freue mich, hier gemeinsam mit den Expertinnen und Experten unseres Hauses einen wesentlichen Beitrag zur zukunftsorientierten Entwicklung des ländlichen Raums und für starke, lebendige Regionen zu leisten. Denn eines hat die Corona-Pandemie deutlich vor Augen geführt: Die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten. Themen wie Home Office oder Home Schooling funktionieren aber nur, wenn es entsprechende Ressourcen dazu gibt – sprich: Netzinfrastruktur. Daher ist es wichtig, dass schnelle Glasfaserverbindungen immer näher zu den Haushalten kommen oder auch mit hybriden Technologien – der Verbindung aus Mobilfunk und Festnetz – für schnelles Internet gesorgt ist.