Kommentar: „Barrierefreiheit im Internet“

10.03.2025 | Politik

Ab 28. Juni 2025 ist das Barrierefreiheitsgesetz für digitale Produkte und Dienstleistungen in Österreich anwendbar. Alle davon betroffenen Unternehmen müssen sich zur Vermeidung von Strafen und Klagen rechtzeitig auf das neue Gesetz vorbereiten.

Mit diesem Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) wurde in Österreich die Europäische BarrierefreiheitsrichtlinieRL 2019/882/EU über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen umgesetzt. Das BaFG legt Barrierefreiheitsanforderungen für digitale Produkte und Dienstleistungen fest. In der EU-Richtlinie wird das Ziel wie folgt definiert: „Ein Umfeld mit barrierefreien Produkten und Dienstleistungen soll Menschen mit Behinderungen eine selbstbestimmte Lebensführung erleichtern.“

Die Verpflichtungen des BaFG betreffen sämtliche Hersteller von digitalen Produkten (z. B. Computern, Selbstbedienungsterminals, Mobiltelefonen, E-Book-Lesegeräten) und Anbietern von digitalen Dienstleistungen. Darunter fallen insbesondere elektronische Kommunikationsdienste (z. B. Internet- und Videotelefonie, Online-Messenger-Dienste etc.) – also Dienste, die den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten ermöglichen (Apps, Websites usw.). Die Anforderungen des BaFG treffen somit jeden Betreiber einer Website.
Ausgenommen vom BaFG sind Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeiter:innen und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro. In einer Anlage zum BaFG werden die Barrierefreiheitsanforderungen für digitale Produkte und Dienstleistungen genau beschrieben.
Diese Anforderungen treffen zunächst die Informationen über diese Produkte und Dienstleistungen. Diese müssen über mehr als einen sensorischen Kanal zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise Vorlesefunktion.
Die Informationen müssen so dargestellt werden, dass sie verständlich sind und die Nutzer:innen sie wahrnehmen können. Damit ist beispielsweise die Veränderung der Darstellungsgrößen, der Kontraste und der Bereitstellung von Textalternativen für Bilder oder Videos gemeint. Zur Verbesserung der Verständlichkeit der Texte sollen auch Informationen in einfacher Sprache angeboten werden.

Alle Unternehmen, die dem BaFG unterliegen, haben somit rechtzeitig zu überprüfen, ob ihre Produkte und Dienstleistungen den Barrierefreiheitsanforderungen bereits genügen und, was bei den meisten Unternehmen wohl der Fall sein wird, rechtzeitig entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Wenn den Vorgaben des BaFG nämlich nicht Folge geleistet wird, drohen Verwaltungsstrafen bis zu
€ 80.000,–. Denkbar sind auch Schadenersatzansprüche von betroffenen Verbraucher:innen. Darüber hinaus besteht auch die Gefahr von Klagen von Mitbewerber:innen nach dem UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Manche Expert:innen sehen aber im BaFG nicht nur Nachteile und einen Mehraufwand für Unternehmen, sondern auch eine Chance durch die Herstellung der Barrierefreiheit bei digitalen Produkten und Dienstleistungen die Kund:innen-Zufriedenheit zu erhöhen und sogar neue Zielgruppen anzusprechen.

Dr. Gerald Ganzger ist einer der profilier­testen Medienrechts- und Litigations-PR-Experten Österreichs und Gründungspartner der Wiener Rechtsanwaltskanzlei LANSKY, GANZGER, GOETH + partner (LGP).

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