Klärtechnologie: Im Einsatz „down under“

Mai 8, 2024 | Wirtschaft

Die Kläranlage „Western Treatment Plant“ in Melbourne soll modernisiert werden und nach Fertigstellung auf höchster Energieeffizienz-Stufe operieren. Einen wesentlichen Teil der Lösung ermöglicht eine innovative Aerostrip-Streifenbelüfter-Technologie aus Niederösterreich.

Eines der spannendsten Kläranlagen-Modernisierungsprojekte weltweit wird derzeit in der „Western Treatment Plant“ in der Nähe von Melbourne umgesetzt – und österreichische Technologie spielt dabei eine Hauptrolle. Bisher wurde nahezu die Hälfte des Abwassers der australischen Großstadt hauptsächlich mit einer Kombination aus Belebtschlammanlagen und riesigen Lagunensystemen behandelt. Bei diesem Klärsystem verbleibt das Abwasser mit variablen Verweilzeiten in großen flachen Becken und wird von Mikroorganismen, die sich in der Lagune entwickeln, gereinigt. Diese Methode ist besonders energiesparend, da sie hauptsächlich mit dem natürlichen Gefälle funktioniert – doch in großen Metropolen stößt sie zunehmend an ihre Grenzen. So auch in Melbourne, wo sich unter anderem die Lagunen über Jahrzehnte zu ausgedehnten Vogelschutzzonen entwickelt haben.

Nun soll die Western Treatment Plant in Werribee schrittweise auf eine konventionelle Abwasserbehandlung mit Belebungsbecken umgerüstet und die Behandlungskapazität erhöht werden. Jedoch lautet die Vorgabe, den Energieeinsatz dafür so gering wie möglich zu halten.

Lange wurde nach einer Lösung gesucht, die es in puncto Energieeffizienz mit den Lagunen aufnehmen kann – gefunden hat man diese am „anderen Ende der Welt“, nämlich in Traiskirchen in Niederösterreich. Hier werden vom Unternehmen Aquaconsult Anlagenbau seit über 35 Jahren die so genannten Aerostrip-Streifenbelüfter hergestellt, die weltweit als die effizientesten Vertreter feinblasiger Tiefenbelüfter überhaupt gelten. Die Technologie des Hidden Champions aus Niederösterreich spielt nun eine Schlüsselrolle im neuen Gesamtkonzept der Kläranlagen in Melbourne. Die geplanten Maßnahmen sollen helfen, die derzeit risikoreichen Wartungsarbeiten zu beseitigen, und die Möglichkeit bieten, eine energieeffiziente Behandlungstechnologie in Form eines Kurzzeit-Stickstoffentfernungsprozesses einzusetzen.

Energiesparen mit -Klärtech-Know-how

Die Aerostrips versorgen dabei die Mikroorganismen in den Belebungsbecken mit lebenswichtigem Sauerstoff: „Unsere Aerostrips sparen nachweislich bis zu 40 Prozent Energie im Vergleich zu herkömmlichen Belüftungssystemen“, erläutert Gerald Glaninger, Geschäftsführer von Aquaconsult. „In speziellen Settings können sogar noch deutlich höhere Einsparungspotenziale erzielt werden.“ Dank dieser beeindruckenden Werte wurden die Belüfter auch für die spektakuläre Kläranlagensanierung in Melbourne ausgewählt. Rund 7.000 Streifen-belüfter aus Niederösterreich werden damit – nach mehreren Ausbauphasen – bald das Abwasser der australischen Großstadt Melbourne beleben.

Eine weitere Besonderheit wird die Anordnung der Belüfter in fünf -riesigen kreisrunden Belebungsbecken sein: „Aufgrund der Gegebenheiten vor Ort wurde eine optimale Anordnung mit unterschiedlichen Belüfterlängen berechnet, die zur Kreismitte hin immer kürzer werden“, so Glaninger. Diese „Weihnachtsbaum-Anordnung“ ermöglicht eine lückenlose und gleichmäßige Belüftung der Abwassermengen und steigert zusätzlich die Energieeffizienz. Nach dem Umbau werden im Western Treatment Plant rund 485 Millionen Liter Abwasser pro Tag behandelt. „Wir sind sehr stolz darauf, mit unserer Lösung einen wesentlichen technologischen Beitrag zum Erfolg dieses einzigartigen und international beachteten Kläranlagenprojekts beisteuern zu können“, betont Glaninger.

© BMD
Australien setzt auf österreichische Klärtechnologie.

Kilowattstunden -einsparen

Kommunale Kläranlagen beanspruchen durchschnittlich rund 20 Prozent des Elektrizitätsverbrauchs in Gemeinden. Deswegen stehen sie heute vielfach im Zentrum der Suche nach vermeidbaren Kilowattstunden. Durch den Einsatz innovativer Technologien können dabei im Kläranlagenprozess große Einsparpotenziale gehoben werden. Dementsprechende Lösungen, die es ermöglichen, die steigenden Energiekosten zu kompensieren, boomen weltweit.

Vor allem aber in Europa wird besonders auf die Potenziale eines intelligenten und effizienten Wasser- und Abwassermanagements gesetzt. Als Vorreiter gilt die Stadt Kopenhagen, wo bereits seit einigen Jahren Netzwerke aus unterirdischen Entlastungstunneln sowie mittels Bewässerung von Stadtgrün die städtischen Kläranlagen entlastet werden. Und auch hier setzt man auf Streifenbelüftertechnik aus Niederösterreich, denn aktuell werden in einem Mega-Umrüstungsprojekt sämtliche Kläranlagen Kopenhagens – Lynetten, Damhusåen und Avedøre – mit insgesamt 11.000 Aerostrips ausgestattet. Ab 2025 wird dann das gesamte Abwasser der Metropolregion mit österreichischer Spitzentechnologie belüftet.    

© Aquaconsult
Gerald Glaninger, Geschäftsführer bei Aquaconsult Anlagenbau

Starke Technologie und globale Partner

Österreichisches KMU erfolgreich am „anderen Ende der Welt“: Aquaconsult beliefert als Hidden Champion in der Kläranlagentechnologie mittlerweile alle großen internationalen Märkte. Was macht den Erfolg Ihres Unternehmens aus?

Gerald Glaninger: Unser Vorteil liegt ganz klar in unserer leistungsstarken Technologie. Dank der Kombination aus langjähriger Erfahrung und kontinuierlicher Weiterentwicklung zählen unsere Streifenbelüfter weltweit zu den effizientesten feinblasigen Tiefenbelüftern. Damit lassen sich für Kläranlagen enorme Energieeinsparungen erzielen, was gerade in Zeiten hoher Energiekosten hilft, Ausgaben in Kommunen zu senken.

Wie schafft man es, als österreichisches KMU selbst am anderen Ende der Welt Projekte einzufahren?

Gerald Glaninger: Wir haben eine sehr umfangreiche Partnerstruktur aufgebaut, die sich über den gesamten Globus erstreckt und über umfassendes Engineering-Know-how verfügt. In diese Struktur haben wir viel Zeit und Engagement investiert. Heute sind unsere Streifenbelüfter dadurch weltweit bekannt und in mehr als 2.500 Kläranlagen auf allen Kontinenten erfolgreich im Einsatz. Die Herstellung erfolgt jedoch ausschließlich an unserem österreichischen Firmensitz in Traiskirchen. Von hier aus gehen unsere Aerostrips dann in die ganze Welt.

Lesen Sie diesen Artikel ab Seite 24 der aktuellen Ausgabe 2-24 oder am Austria Kiosk!

Autor: Alexander Kohl